Chefredaktor der Blick-Gruppe Christian Dorer über den Fachkräftemangel
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BlickPunkt mit Christian Dorer:«Überall fehlen Leute»

BlickPunkt über fehlende Fachkräfte
Wo sind sie geblieben?

Viele Firmen suchen händeringend Mitarbeiter. Wer in der Pandemie massiv Personal abbaute, hat jetzt besonders grosse Mühe. Und niemand weiss genau, woran es liegt.
Publiziert: 11.06.2022 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 07.06.2023 um 17:24 Uhr
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Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Riesige Bauprojekte stehen still, weil es an Handwerkern fehlt. Kitas müssen schliessen, weil sie keine Betreuerinnen finden. Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern ist katastrophal wie nie, das Gesundheitswesen personell ausgetrocknet.

«Der Fachkräftemangel ist ein Flächenbrand», sagt Christoph Mäder (62), Präsident des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, auf Blick TV. Früher mangelte es an hoch ausgebildeten Spezialisten – heute mangelt es an allem.

Besonders betroffen sind Firmen, die von der Pandemie betroffen waren. Beispiel Swiss: Die Airline strich wegen Covid 1700 Stellen. Nun kommt sie mit der Rekrutierung nicht mehr nach. Im Sommer muss sie 100 Flüge streichen – 30‘000 Passagiere sind betroffen, wie Blick enthüllte.

Noch schlimmer ist das Gastgewerbe dran. «In der Gastronomie und Hotellerie suchen wir derzeit verzweifelt nach Servicefachleuten, Mitarbeitenden an der Rezeption und qualifizierten Köchen», gestand Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (60) gestern der «NZZ».

Massenweise verliessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Lockdowns ihre Branche. Entweder verloren sie ihre Jobs oder waren im Lockdown auf Kurzarbeit, erhielten also nur noch 80 Prozent ihrer ohnehin tiefen Löhne und obendrein kein Trinkgeld mehr, normalerweise ein wichtiger Teil ihres Verdiensts.

Die Gastromitarbeitenden kehren offenbar nicht wieder zurück. Warum das so ist, weiss niemand so genau. Vielleicht haben sie andere Jobs gefunden, die besser bezahlt, prestigeträchtiger, weniger anstrengend, von der Arbeitszeiten her attraktiver sind – oder alles zusammen.

Kein Wunder: Wer derzeit einen Job sucht, kann auswählen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei sensationell tiefen 2,1 Prozent – die Schweiz meldet also quasi Vollbeschäftigung.

Die Auftragsbücher sind auch in der EU voll, das Lohnniveau dort steigt: Niemand muss mehr für einen guten Job in die Schweiz ziehen. Im Übrigen kann Zuwanderung keine Lösung gegen Personalmangel sein – das hat das Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative zweifelsfrei gezeigt.

So bleibt den Arbeitgebern nur eins: ihren Mitarbeitenden mehr Sorge zu tragen als bisher! Dazu gehören angemessener Lohn und attraktive Arbeitsplätze, die Möglichkeit zu Teilzeitarbeit und Kinderbetreuung, Wertschätzung, Betriebsfeste, vor allem aber: menschliche Chefinnen und Chefs.

Bei allen Klagen über den Fachkräftemangel sollten wir nicht vergessen: Die Personalnot in der Schweiz ist ein Luxusproblem. Das Gegenteil wäre erheblich schlimmer, nämlich Massenarbeitslosigkeit.

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