«In armen Ländern droht eine Hungerkatastrophe»
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BlickPunkt über Lieferengpässe:«In armen Ländern droht eine Hungerkatastrophe»

BlickPunkt über die Folgen des Krieges
Hunger als Waffe

Alle reden über Öl und Gas, dabei gibt es ein viel grösseres Problem: Wenn die Ukraine ihren Weizen nicht mehr exportieren kann, droht den ärmsten Ländern eine Hungerkatastrophe – mit Folgen für die ganze Welt.
Publiziert: 28.05.2022 um 01:30 Uhr
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Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Am WEF diskutierten alle über Russlands Krieg gegen die Ukraine: über Tote und Verletzte, über den Kriegsverlauf, über Waffenlieferungen, Wiederaufbau und Schweizer Neutralität …

Dabei ging beinahe unter, dass der Krieg schon bald eine weltweite Hungersnot auslösen könnte! Die Ukraine produziert Getreide für 400 Millionen Menschen – vornehmlich in armen Ländern wie Ägypten, Südsudan, Libanon, Kenia, Somalia, Syrien oder Jemen.

Diese Exporte sind hochgradig gefährdet: Weil Dünger und Pestizide fehlten, fällt die Ernte schon mal bescheidener aus. Und weil Russland ukrainische Seehäfen und das Schwarze Meer blockiert, kann gelagerter Weizen nicht per Schiff reisen. Das Bahnnetz ist lädiert, und wegen unterschiedlicher Spurweiten muss an der Grenze alles umgeladen werden; auch Lagermöglichkeiten fehlen. Und wenn der Export nicht möglich ist, dann verfault der Weizen.

Präsident Selenskis Wirtschaftsberater Alexander Rodnyansky (36) sagte im Blick-Talk: «Russland will verhindern, dass die Ukraine Weizen exportiert. Sie würden sich sogar freuen über eine Hungersnot in Nordafrika und anderswo in der Welt. Warum? Weil das von der Situation in der Ukraine ablenken würde.»

Die Kiewer Parlamentsabgeordnete Yevheniya Kravchuk (36) lancierte an einem WEF-Dinner einen dramatischen Appell: «Die Ernährungssicherheit ist das viel grössere Problem als Gas und Öl – dort finden sich Alternativen, und eine Fabrik kann man zur Not auch abstellen. Menschen aber können nicht aufhören zu essen. Warum nur erkennt das niemand?»

Tatsächlich könnte eine globale Hungersnot schon bald zum dominierenden Thema werden – mit Folgen für uns alle. Der Direktor des Uno-Welternährungsprogramms schätzt, dass bereits jetzt 320 Millionen Menschen an Hunger leiden – viermal mehr als vor fünf Jahren.

Nichts macht Menschen unberechenbarer als Hunger. Schon die Französische Revolution 1789, die Russische Revolution 1917 und der Arabische Frühling 2011 wurden unter anderem durch Mangel an Nahrungsmitteln ausgelöst. Diesmal kommt es vielleicht nicht gerade zur Revolution, aber ganz bestimmt zu weiteren Flüchtlingswellen.

Und so ist absehbar, dass Wladimir Putin (69) den Hunger als Waffe einsetzen wird, jedenfalls als Mittel der Erpressung: Weizenschiffe durchs Schwarze Meer gegen die Lockerung von Sanktionen …

Was jeder und jede Einzelne von uns da tun kann? Erstens spenden für die Ärmsten in der Welt. Zweitens Food Waste verhindern. Es darf doch nicht sein, dass bei uns ein Drittel der Lebensmittel verschwendet wird, während der ärmste Teil der Welt Hunger leidet!

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