Am Tag der Blick-Klausur in Scuol GR stand auf dem Bahnhofplatz ein Impf-Postauto – unübersehbar. In Baden AG, wo ich wohne, dürfen sich alle im Kantonsspital impfen lassen – ohne Voranmeldung. Und auf dem Weg ins Büro kam mir gestern am Zürcher Bellevue das Impf-Tram entgegen.
Es ist derzeit beinahe unmöglich, nicht auf ein einfaches Impfangebot zu stossen.
Dennoch investiert der Bundesrat nochmals 100 Millionen Franken in eine Anti-Covid-Offensive – inklusive nationaler Impfwoche im November. Es ist richtig und wichtig, dass der Staat alles tut, damit die Schweiz ihre Impfquote von rund 60 Prozent, mit der wir Schlusslicht in Westeuropa sind, auf 80 Prozent steigert – den Wert, bei dem eine Pandemie für beendet erklärt werden kann.
Der Schweizer Multimilliardär Hansjörg Wyss (86) sagte gestern im Blick-Interview: «Jeder logisch denkende Mensch lässt sich impfen!»
Recht hat er: Gäbe es keine Impfung, sässen wir vermutlich alle immer wieder im Lockdown. Spritzen und Zertifikat hingegen weisen uns den Weg zurück in die Normalität. In Restaurants und Konzerten, an Partys und Kongressen herrscht wieder ausgelassene Stimmung – während auf Strassen und Plätzen der laute Protest gegen das Covid-Gesetz tobt, über das wir am 28. November abstimmen.
Um den sicheren, gut organisierten Alltag fortzuführen und unkompliziert ins Ausland zu reisen, aber auch, um nach Herzenslust zu protestieren, braucht die Schweiz an diesem Tag ein Ja.
Jede Bürgerin, jeder Bürger sollte aus Eigeninteresse für dieses Gesetz und damit fürs Covid-Zertifikat sein. So ist es gemäss der neusten Tamedia-Umfrage auch: 63 Prozent dafür, 35 Prozent dagegen, nur 2 Prozent unentschlossen.
BlickPunkt von Christian Dorer
Vielleicht ist das auch der Grund, warum viele Befürworter des Gesetzes glauben, sie könnten gewinnen, ohne sich anzustrengen: Man hört und sieht von ihnen nichts, kaum jemand steckt Geld in den Abstimmungskampf – während die Gegner bereits eine sehr laute, sehr breite, sehr einprägsame Kampagne fahren, Geld zuhauf gesammelt haben und überall gehört werden.
Dabei gibt es bei Volksabstimmungen kaum etwas Gefährlicheres, als auf einen leichten Sieg zu setzen. Zu oft ist es schon passiert, dass die schweigende Mehrheit zu Hause blieb, die laute Minderheit aber perfekt mobilisierte und gewann!
Wenn der Bundesrat und die Kantonsregierungen, wenn FDP, Mitte, SP, Grüne, Grünliberale und EVP, wenn Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, wenn Künstler und Sportklubs – wenn sie alle dafür sind: Dann sollen sie auch dafür kämpfen!
Abgerechnet wird erst am Abstimmungssonntag, dem 28. November.