Auf dem Spielfeld verkörpert Granit Xhaka (28) das Ideal eines Captains. Das stellte der geborene Basler an der Fussball-EM unter Beweis: Er hat seine Kollegen gepackt, geeint – und zum Erfolg geführt.
Ja, Xhaka tut seinen Job. Allerdings könnte er auch eine wirklich bedeutende Persönlichkeit sein!
Sehr gute Fussballer leben meist von 6000 Franken im Monat. Einige wenige verdienen Millionen – nicht bloss, weil sie den Ball beherrschen, sondern weil sie mehr sind als Fussballer. Sie sind Influencer, Identifikationsfiguren, Ideengeber, sie haben Macht und Einfluss in unserer Gesellschaft.
In Momenten, wo es drauf ankäme, wird diese Vorbildfunktion häufig verkannt. Zum Beispiel jetzt, wo es im nationalen Interesse wäre, dass sich möglichst viele impfen lassen: damit die Spitäler nicht noch stärker überlastet werden, damit sich das Virus nicht noch weiter verbreiten kann, damit wir uns nicht alle ein weiteres Mal einschränken müssen.
52 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind doppelt geimpft, knapp 20 Prozent wollen die Spritze bewusst nicht, die übrigen 30 Prozent sollten zu überzeugen sein – wenn das gelingt, wäre die Schweiz bei einer Impfquote von 80 Prozent, wie es Dänemark beinahe schon ist und Italien bald sein wird. Bisher jedoch war dieses knappe Drittel desinteressiert, übertrieben lässig oder sonst wie nicht zum Piks gekommen.
Um diese Ungeimpften zu überzeugen, könnte Granit Xhaka gleich in zwei grossen Communitys als Vorbild wirken: Er ist erfolgreicher Captain unserer Nationalmannschaft und geniesst die Verehrung vieler Schweizerinnen und Schweizer. Er hat Wurzeln im Kosovo und ist auch für albanischstämmige Mitbürger ein Idol, die wegen ihrer tiefen Impfquote besonders dringlich zu motivieren wären.
Wenn er wollte, hätte Xhaka grösseren Einfluss als die Ärzte, die im Blick in ihren Landessprachen zum Impfen aufriefen, sogar mehr als die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani-Sadriu (39), die an ihre Landsleute in der Schweiz den eindrücklichen Appell richtete: «Lasst euch alle impfen!»
Wäre Xhaka nicht nur ein sportliches Vorbild, würde er so viele Menschen wie möglich zum Impfen anhalten und dadurch Leben retten; er könnte in dem von der Corona-Krise geteilten Land eine herausragende Rolle spielen.
So aber tut er vor allem eines: Er beweist, dass längst nicht jeder Captain auch ein Leader ist.