Ist das Unwetter eine Folge des Klimawandels?
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BlickPunkt von Christian Dorer:Ist das Unwetter eine Folge des Klimawandels?

BlickPunkt über den Sommer 2021
Alles nur Wetter – oder was?

Hitzewellen, Hagelgewitter, Schneeeinbrüche, Flutkatastrophen: 2021 wird als Jahr der Extreme in die Geschichte eingehen. Sind das bloss Kapriolen, wie es sie schon immer gab – oder Folgen des Klimawandels?
Publiziert: 17.07.2021 um 13:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2021 um 19:46 Uhr
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Zuerst ein grosser Dank an die 80’000 Feuerwehrleute in der Schweiz, von denen viele seit Tagen rund um die Uhr im Einsatz stehen, Sandsäcke verlegen, Flutbarrieren installieren, Keller auspumpen, Menschen und Tiere retten. Ihr Einsatz hat uns bisher vor der Katastrophe bewahrt!

Seit Wochen spielt das Wetter verrückt, die Naturgewalten zeigen uns, wie machtlos Menschen sein können. Die Wissenschaft betont zwar: Wetter ist nicht gleich Klima. Extremereignisse hat es schon immer gegeben und wird es auch in Zukunft geben.

Und doch kommt man unweigerlich ins Grübeln.

Die Alpennordseite erlebt Rekordniederschläge. Vielerorts hat es bereits mehr geregnet als im Durchschnitt eines kompletten Sommers. In Zürich verwüstete der Hagel ganze Quartiere, riss jahrzehntealte Bäume aus, löste 1000 Feuerwehr-Notrufe aus. Alles nur Zufall?

Bereits im Winter hatte ein «Jahrhundert-Schneeeinbruch» Zürich lahmgelegt. Erst drei Mal in ihrer Geschichte mussten die städtischen Verkehrsbetriebe VBZ ihren Betrieb einstellen: 2006, im Februar und diese Woche. Alles nur Zufall?

Viel schlimmer hat es Deutschland getroffen. Stand gestern kamen mindestens 106 Menschen in den Fluten um, weit mehr werden vermisst, ganze Dörfer wurden zerstört, Häuser, Brücken und Strassen weggespült. Deutschland spricht von einer Jahrhundert-Katastrophe. Alles nur Zufall?

Derweil erlebten Kalifornien und Kanada eine nie da gewesen Hitzewelle. Im Death Valley wurden 56,7 Grad Celsius gemessen – mehr als je zuvor! Der Juni war in den USA der heisseste Monat seit Messbeginn vor 127 Jahren. Alles nur Zufall?

In New York flutete ein Sturm die U-Bahn, in Skandinavien herrschten mediterrane Temperaturen, in Australien kam es zu heftigen Regenfällen, in der Arktis wurden 30 Grad gemessen und in Tschechien verwüstet ein Tornado ganze Landstriche. Alles nur Zufall?

Die Zahl der Stürme, Überschwemmungen, Hitzewellen hat sich seit 1980 mehr als verdreifacht. Und die vergangenen 15 Jahre waren, so hat es der Berner Klimaforscher Thomas Stocker 2018 berechnet, die wärmsten der letzten 160 Jahre. Alles nur Zufall?

Der deutsche Klimaforscher Mojib Latif (66) ist eine unaufgeregte Stimme in dieser Debatte. Doch auch er sagt: «Als Einzelereignis kann man das immer als Wetter abtun. Die Datenlage ist auch extrem schlecht. Aber die neuesten Daten, die wir in den letzten Jahren gesammelt haben, deuten darauf hin, dass solche Extremniederschläge noch mal stärker ausfallen können.»

Wenn grosse Gefahr droht, ist Handeln besser als Hoffen. Die Menschheit weiss längst, wie eine massive Reduktion des CO2-Ausstosses mit moderner Technik erreicht werden kann – sogar ohne Verzicht auf Komfort und Wohlstand. Wir müssen sie nur nutzen!

Deshalb hat die EU jetzt einen drastischen «Green Deal» beschlossen: Bis 2050 darf in den Mitgliedsländern nur noch so viel CO2 ausgestossen werden, wie der Atmosphäre gleichzeitig entzogen wird. Unter anderem bedeutet das: keine neuen Benzin- und Dieselautos mehr ab 2035!

Ein deutlich moderateres CO2-Gesetz für die Schweiz haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 13. Juni mit 51,6 Prozent abgelehnt. Ob das Resultat genauso herauskäme, wenn morgen abgestimmt würde?

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