Glücksforscher über Euromillions-Jackpot
«Man sollte sich genau überlegen, wem man vom Gewinn erzählt»

Der Euromillions-Jackpot ist mit 236 Millionen Franken so voll wie nie zuvor. Glücksforscher Sigmar Willi erklärt, in welchem Fall Geld glücklich machen kann – und wie man sich verhalten sollte, wenn man es gewinnt.
Publiziert: 12.10.2021 um 18:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2021 um 18:02 Uhr
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Am Dienstagabend werden die Zahlen der Euromillions gezogen. Zahlreiche Menschen aus neun Ländern haben Tickets der Mehrstaatenlotterie gekauft, um den Rekord-Jackpot von 236 Millionen Franken zu knacken.
Foto: EuroMillions/Screenshot
Lea Ernst

Was würden Sie mit 236 Millionen machen? Die Wahrscheinlichkeit, mit einem einzigen Tipp im Lotto zu gewinnen, liegt gemäss Mathematiker und Statistikdozent Martin Mächler generell bei 1 zu etwa 140 Millionen. Trotzdem haben sich unzählige Menschen aus neun Ländern Spielscheine gekauft, um den Euromillions-Rekord-Jackpot zu knacken.

Weshalb das so ist, erklärt Sigmar Willi (56), Glücksforscher und Professor für Persönlichkeitsentwicklung an der Ostschweizer Fachhochschule: Die Menschen hoffen, mit dem schnellen Gewinn aus einer unbefriedigenden Situation herauszukommen, oder glauben, dass das Geld sie glücklicher machen wird.» Doch ist wirklich was dran am grossen Glück durch Geld?

Leichter durchs Leben mit finanzieller Sicherheit

Klar ist: Kein Geld macht auch nicht glücklich. Willi sagt: «Wer sich keine Sorgen machen muss, wie eine Zahnarztrechnung oder ein neues Auto finanziert werden kann, geht meist leichter durchs Leben.» Finanziell abgesichert zu sein, sei generell ein gutes Gefühl.

«Vermögende Menschen haben im Schnitt eine leicht höhere Lebenszufriedenheit als andere», so Willi. Doch nur, wenn man es sich immer wieder vor Augen führe, was einem das Geld auf dem Konto alles ermögliche, könne man das auch schätzen. «Denn ab einem gewissen Vermögen bringe zusätzliches Geld nur wenig an zusätzlicher Lebenszufriedenheit.» Generell gilt also: Ein gewisses Mass an Wohlstand hilft beim Glücklichsein. Danach nimmt aber mit jeder weiteren Million die Zufriedenheit nicht exponentiell zu.

Auch wenn es darum geht, was man sich mit dem Geld alles kaufen sollte, ist Willi pragmatisch. Zwar seien viele Menschen langfristig zufriedener, wenn sie ein Haus besässen. «Doch der Mensch gewöhnt sich an praktisch alle Besitztümer mehr oder weniger schnell.» Für den gleichen Reiz brauche es dann wieder Neues oder mehr vom Gleichen. Der Weg aus dieser Falle? «Bewusster Verzicht und Freude über das, was man hat», rät Willi.

Falsche Freunde und das Glücksrezept

Für die Person, die den Euromillions-Jackpot knackt, sei es am wichtigsten, nicht überstürzt zu handeln, sagt Willi. «Man sollte sich schon vorher genau überlegen, wie und wem man vom Gewinn erzählt, um nicht plötzlich falschen Freunden ausgesetzt zu sein.» Schliesslich komme es leider häufig vor, dass Liebe oder Anerkennung erkauft werden – und umgekehrt, dass sich die Gegenseite kaufen lasse, ohne auf eine tragfähige Beziehung hin zu handeln.

Nach dem grossen Lottogewinn sei es sehr wichtig, weiterhin dem nachzugehen, was einem bisher Freude im Leben bereitet habe, sagt Willi. «Es ist völlig in Ordnung, sich etwas Schönes zu gönnen. Doch dann sollte man schnell wieder den üblichen Glückszutaten folgen.» Diese seien nämlich, möglichst viele positive Emotionen zu erleben, gute Beziehungen zu erleben, sich im Beruf oder Hobby voll einzubringen, den Sinn hinter Handlungen zu erkennen, autonom zu handeln und Ziele zu verfolgen.

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