Stress im Alltag und bei der Arbeit haben in der Schweiz über die vergangenen Jahre stark zugenommen. Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden fühlen sich im Job oft oder sogar sehr gestresst. Dies kann im Extremfall zu einem Burnout führen – mit oft hohen sozialen und finanziellen Kosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Deshalb ist es wichtig, die Anzeichen schon früh zu erkennen.
Natasa Kalt (53) ist Fachpsychologin für Psychotherapie und auf Depressionen, Angststörungen, Burnout, Lebenskrisen, Sucht und Trauma spezialisiert. Blick gibt sie eine Übersicht über die Anzeichen eines Burnouts und wie sich ebendieses vermeiden lässt.
Symptome und Anzeichen
Selbst wenn es einem selber nicht auffällt, kann das Umfeld häufig die Anzeichen eines Burnouts bei einer betroffenen Person wahrnehmen. «Vor allem zunehmende Reizbarkeit kann ein Symptom eines Burnouts darstellen», bekräftigt die Psychologin.
Es gibt viele weitere Symptome für ein Burnout: Dazu zählen Energielosigkeit und emotionale Erschöpfung, Gefühl der Entfremdung (Derealisation), verminderte Leistungsfähigkeit, physische Schmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit, Schlaflosigkeit, sozialer Rückzug und Motivationslosigkeit, wie die Expertin weiss. Bei der Diagnose muss jedoch Acht gegeben werden, da solche Symptome auch auf eine Depression hinweisen könnten: «Eine Depression und ein Burnout lassen sich nicht immer klar unterscheiden. Manchmal gehen sie sogar ineinander über. Trotzdem darf man die beiden nicht gleichsetzen», führt Kalt aus.
Unterschied zwischen Burnout und Depression
Bei einem Burnout ist die betroffene Person häufig sehr leistungsorientiert und leidet unter dem Leistungsdruck. «Oft fühlt sich die Person konstant gestresst, leer, gereizt, ausgebrannt und kann sich nicht entspannen oder abschalten», beschreibt Kalt.
Eine Depression dagegen umfasse Familie, Umfeld und Selbstwert. Die überwiegende Emotion bei einer Depression sei Traurigkeit. Kalt bemerkt: «Ein langes Burnout kann auch in eine Depression oder sogar in eine Angststörung münden.»
Es kann jeden treffen
Es ist wichtig zu erwähnen, dass nicht nur Personen, die im Beruf stehen, ein Burnout erleiden können. Auch Mütter und Jugendliche könnten stark betroffen sein. «Ein Burnout ist immer dann ein Risiko, wenn die Haupttätigkeit einer Person mit Leistung und Stress zu tun hat», erklärt die Psychologin. Das kann durch Schule, einem Sport, einem Instrument oder etwas anderem passieren.
Ausgewogene Work-Life-Balance ist wichtig
Um ein Burnout zu vermeiden, sei eine gute Work-Life-Balance von grosser Wichtigkeit. «Jeder Stress muss ausgeglichen werden. Der Körper und Geist brauchen genug Zeit, um sich zu erholen und zu regenerieren», erklärt Kalt.
Mehr zu Stress und Überbelastung
Diese Entspannung könne in verschiedenen Formen wie Sport, Meditation, Kreativität und mehr stattfinden. Wichtig dabei sei allerdings, dass die Entspannungsaktivität nichts mit Leistung zu tun hat, wie es beispielsweise bei Leistungssport der Fall ist.
Kein Abbau von Adrenalin und Cortisol
Der Sympathikus und der Parasympathikus sind Teil unseres vegetativen Nervensystems und sind für gewisse Hormonausschüttungen verantwortlich. «Wenn der Körper wegen Aktivitätssteigerung, wie Stress, im Sympathikus ist, schüttet er Cortisol und Adrenalin im Körper aus. Der Parasympathikus, der während körperlicher Entspannung aktiv ist, baut den Stress unter anderem wieder ab», erklärt Kalt.
Bei konstantem Stress kommt der Körper deshalb nicht mehr dazu, das Adrenalin und Cortisol wieder abzubauen. Deshalb sei eine ausgewogene Abwechslung zwischen Stress und Entspannung notwendig, um ein Burnout zu verhindern.
Nicht jeder Stress führt automatisch zu einem Burnout
Es gilt allerdings, zwischen akutem und chronischem Stress zu unterscheiden. Denn es ist hauptsächlich der chronische Stress, der zu einem Burnout führen kann. «Akuter Stress ist, wenn man den Tag durch gestresst ist, aber sich am Abend entspannen kann. Bei chronischem Stress kommt man über Wochen hinweg nicht zur Entspannung oder zum Runterfahren», so die Psychologin.
Ein bisschen Stress ist sogar notwendig. Kalt nennt als Beispiel: «Während dem Lockdown während Corona-Pandemie hatten viele plötzlich gar keinen Stress mehr im Alltag. Die Leute waren daran temporär etwas ‹zerfallen›.»