Doch. Man müsste dort klingeln und sagen, dass man das Drama mitbekomme und dass es einen bestürze und hilflos mache. Man müsste diese Leute zu sich einladen, ihnen einen Tee anbieten, sie umarmen und trösten und fragen, was mit ihnen los ist. Wahrscheinlich müsste man ihnen zudem die Trennung nahelegen, wie so vielen, deren Beziehung nur noch Krach generiert.
Eingriff in die Privatsphäre ist meistens unerwünscht
Das wäre, was man als Weg des Herzens bezeichnen könnte. Es wäre aber auch ein Eingriff in die Privatsphäre, und Menschen, für die es normal geworden ist, aggressiv zu kommunizieren, werden vermutlich eher schlecht darauf reagieren. Zumal die Botschaft, die Sie vermitteln, im Grunde nur eines besagt: Ihr seid ein schlimmes Paar und schlechte Eltern. Das hört niemand gern. Am wenigsten jene, auf die es zutrifft.
Gefährdungsmeldung an die Kesb ist berechtigt
So bleibt Ihnen nur der Weg über die Behörden, indem Sie eine Gefährdungsmeldung an die Kesb in die Wege leiten. Das ist gewiss eine massive Massnahme, und sie wird Konsequenzen haben. Aber was Ihre Nachbarn einander angedeihen lassen, ist noch viel massiver, vor allem in den Augen der wehrlosen Kinder. Und es hat, vor allem für diese, ebenfalls Konsequenzen: Wer mit Eltern aufwächst, die sich ständig in die Haare geraten, wird später Menschen zu seinem Partner machen, mit denen er sich in die Haare gerät. Das zu vermeiden, ist eine moralische Pflicht, und Ihre Nachbarn scheinen nicht mehr in der Lage, sie zu erfüllen.
«In welcher Hinsicht liegen Sie also mit sich im Konflikt?»
Interessant ist aber immer auch die Frage des Spiegels: Was wir in der Welt antreffen, spielt sich auch in unserem Inneren ab, denn es ist tatsächlich alles mit allem und jeder mit jedem verbunden. In welcher Hinsicht liegen Sie also mit sich im Konflikt? Inwiefern quälen Sie sich? Woran leiden Sie? Es ist gut möglich, dass Ihre Antworten heilende Wirkung auf Ihre nächste Umgebung haben.