Plastikabfall gelangt bis in die hintersten Winkel der Welt und der Meere. Fünf bis 13 Megatonnen Plastik landen jährlich im Ozean – und gelangen sogar bis in die Tiefen unter 4000 Metern. Einen Hinweis dafür, wie lange dort Plastik überdauert, hat nun ein Team des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel entdeckt und die Resultate im Fachmagazin «Scientific Reports» publiziert. Die Forschenden fanden nämlich auf einer Expedition per Zufall Kunststoffabfälle, die sie ziemlich genau datieren konnten.
Als das Team im Jahr 2015 mit einem Tauchroboter in ein Tiefsee-Gebiet 1800 Kilometer vor Peru im Pazifischen Ozean vorstiess, wollte es eigentlich etwas ganz anderes untersuchen, nämlich wie sich der Abbau von Manganknollen auf den Meeresboden auswirkt. Doch dann fanden die Forschenden zwei Plastikstücke und sammelten sie ein.
Cola-Dose in einer Tüte und Quarkbecher
Das eine entpuppte sich als eine Plastiktüte, in dem eine Cola-Dose eingewickelt war. Diese gehörte zu einer Sonderedition zum Davis-Cup 1988 und wurde nur zu dieser Zeit produziert. Das zweite Stück Plastik war ein Quarkbecher einer deutschen Firma und auch diesen konnten die Forschenden durch etwas Detektivarbeit datieren. Die aufgedruckte Firmenadresse zeigte eine fünfstellige Postleitzahl, wie sie in Deutschland erst 1990 eingeführt wurde. Im Jahr 1999 war die Firma dann aufgekauft worden und der Markenname verschwand. So wurde klar, dass beide Plastikteile zwei bis drei Jahrzehnte auf dem Meeresgrund gelegen hatten.
Plastik fast wie neu
Daraufhin analysierten der Geomar-Biogeochemiker Stefan Krause und seine Kollegen die beiden Fundstücke mit verschiedenen spektroskopischen und mikroskopischen Methoden, um festzustellen, wie gut der Kunststoff die Zeit in über 4000 Metern Tiefe überstanden hatte. Sie fanden weder beim Plastiksack aus Polyethylen noch beim Quarkbecher aus Polystyrol mit PET-Beschichtung irgendwelche Zeichen von physikalischem oder chemischem Abbau.
Zwar hatte sich ein bakterieller Biofilm auf der Oberfläche gebildet, doch auch die Mikroorganismen konnten den Polymeren nichts anhaben. «Wenn wir nach zwanzig Jahren überhaupt keine Spur von Zersetzung finden, dann ist klar, dass der Abbau nur extrem langsam abläuft», sagt Krause. «Mit Sicherheit langsamer als die 500 Jahre, die bisher als Lebenszeit für Plastik galten. Wohl eher Jahrtausende.»
Müll beeinflusst Bakterien
Ausserdem stiess Krause auf eine beunruhigende Auswirkung des langlebigen Plastikmülls: Er behindert den Sauerstofftransport am Meeresgrund. Denn auf dem Plastik und im Grund darunter fanden sich hauptsächlich Bakterien, die in sauerstoffarmer Umgebung gedeihen. «So beeinflusst der Müll die Bakterienpopulation und damit das gesamte Ökosystem», sagt Krause. «Noch ist das ein begrenztes lokales Phänomen», sagt er. Doch: «Mit mehr Plastikmüll wird das zunehmend zum Problem.»
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