Fisch boomt. Im Schnitt essen Schweizer rund neun Kilogramm Fisch pro Jahr – am liebsten Lachs, Kabeljau, Thunfisch oder Pangasius. Und der Fischkonsum nimmt stetig zu. Das bestätigen auch die beiden Detailhandelsriesen Coop und Migros gegenüber BLICK.
Gründe gibts viele. Zum einen gilt Fisch seit jeher als gesündere Alternative zu Fleisch: wenig Fett, dafür viel hochwertiges Eiweiss sowie wichtige Mineralstoffe und Vitamine. Die Fleischproduktion dagegen schadet nicht nur der Umwelt, Massentierhaltung ist auch brutal und ethisch verwerflich. Doch was viele nicht wissen: Auch beim Fisch gibts Probleme.
Über 100 Millionen Tiere landen als Beifang im Netz
Die allermeisten Fische, die in den Gefrierschränken unserer Supermärkte liegen, kommen aus dem Ausland. Bei der Migros etwa stammen weniger als fünf Prozent der Fische aus der Schweiz. Auch Coop verkauft hauptsächlich Fische aus Europa sowie dem Nordostatlantik.
Noch interessanter als das Herkunftsland ist die Fangart. Besonders problematisch ist der Wildfang. Denn: Unsere Meere sind überfischt. Nicht nur die Fischbestände sind bedroht, sondern auch Wale, Haie, Delfine und Schildkröten – sie landen als Beifang in den riesigen Netzen der Fischer und werden meist tot oder verletzt wieder über Bord geworfen. Greenpeace und WWF sprechen von mehr als 100 Millionen Tieren pro Jahr.
Ein Trend, den der Verhaltensbiologe Jonathan Balcombe gerne stoppen würde. Der Engländer hat 2014 das Buch «Was Fische wissen» veröffentlicht. Seine Botschaft: Fische sind uns Menschen viel ähnlicher, als wir denken. Er sagt gegenüber BLICK: «Nur wenige von uns sind auf den Verzehr von Fisch angewiesen, um zu überleben. Die kommerzielle Fischerei lässt sich nicht rechtfertigen.» Balcombe unterstreicht das Problem der Überfischung: «In den letzten fünfzig Jahren haben wir die Hälfte des gesamten Meereslebens verloren. Ohne Fisch bricht das globale Ökosystem zusammen», sagt Balcombe. Man könne Fischen nur helfen zu überleben, indem man sie vom Teller verbanne.
Ausländische Zuchtfische sind voller Antibiotika
Die vermeintlich bessere Alternative stellen Aquakulturen dar. Mit solchen Fischfarmen sollte die Überfischung eigentlich gestoppt werden. Das Problem: Den Fischen in der Aquakultur werden Fische aus dem Meer verfüttert – meist in Form von Fischmehl oder Fischöl. Für ein Kilo Zuchtfisch brauchts bis zu fünf Kilo Wildfisch. Ein Umstand, der zu zusätzlicher Überfischung führen kann.
Während Wildfische Mikroplastik im Bauch haben – sie verwechseln die winzigen Kunststoffteilchen mit Futter –, sind Zuchtfische oft mit Antibiotika vollgepumpt. Je kleiner der Lebensraum der Tiere, desto gestresster sind sie und desto grösser ist die Ansteckungsgefahr vor Krankheiten. Damit die Fische bis zum Schlachtzeitpunkt überleben, werden sie mit Medikamenten versorgt. Und die Rückstände landen dann in unseren Tellern.
MSC «Master Stewardship Council» ist ein Gütesiegel für Wildfische aus nachhaltigen Fischereien. Vor einigen Jahren allerdings kritisierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass die Zertifizierungs-Anforderungen zu schwach und ungenau formuliert seien. Ausserdem müssten nur 60 bis 80 Prozent der Standards erfüllt sein, damit eine Fischerei das Gütesiegel erhält.
Ein Label für Zuchtfisch heisst ASC und steht für «Aquaculture Stewardship Council». Zwar sind die Standards für Umweltschutz und Tierhaltung ein Fortschritt gegenüber der lange gängigen Praxis, aber auch hier gabs Kritik seitens von Greenpeace und der Tierschutzorganisation Fair Fish. Es werde zu wenig für das Wohl der Tiere gesorgt, so der Vorwurf.
Das FOS-Label («Friend of the Sea») erhalten Fischereien, die sich auf nicht überfischte Bestände beschränken, und Aquakulturen, bei denen Umweltschutz und soziale Verantwortung im Vordergrund stehen.
Bio-Zuchtbetriebe nehmen, so gut es geht, Rücksicht auf die Bedürfnisse der entsprechenden Fischart, betäuben die Tiere vor dem Schlachten, und der Fischmehlanteil im Futter stammt meist aus Produktionsabfällen. Weil sie hauptsächlich Raubfische (Lachs, Forelle, Saibling) züchten, ist aber auch hier eine vollständig artgerechte Haltung kaum möglich.
MSC «Master Stewardship Council» ist ein Gütesiegel für Wildfische aus nachhaltigen Fischereien. Vor einigen Jahren allerdings kritisierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass die Zertifizierungs-Anforderungen zu schwach und ungenau formuliert seien. Ausserdem müssten nur 60 bis 80 Prozent der Standards erfüllt sein, damit eine Fischerei das Gütesiegel erhält.
Ein Label für Zuchtfisch heisst ASC und steht für «Aquaculture Stewardship Council». Zwar sind die Standards für Umweltschutz und Tierhaltung ein Fortschritt gegenüber der lange gängigen Praxis, aber auch hier gabs Kritik seitens von Greenpeace und der Tierschutzorganisation Fair Fish. Es werde zu wenig für das Wohl der Tiere gesorgt, so der Vorwurf.
Das FOS-Label («Friend of the Sea») erhalten Fischereien, die sich auf nicht überfischte Bestände beschränken, und Aquakulturen, bei denen Umweltschutz und soziale Verantwortung im Vordergrund stehen.
Bio-Zuchtbetriebe nehmen, so gut es geht, Rücksicht auf die Bedürfnisse der entsprechenden Fischart, betäuben die Tiere vor dem Schlachten, und der Fischmehlanteil im Futter stammt meist aus Produktionsabfällen. Weil sie hauptsächlich Raubfische (Lachs, Forelle, Saibling) züchten, ist aber auch hier eine vollständig artgerechte Haltung kaum möglich.
Schweizer Lachsfarm will Vorbild sein
Auch in der Schweiz gibts Fischzuchten. Die Lachsfarm in Lostallo GR zum Beispiel – sie wills besser machen als die ausländische Konkurrenz. So verzichten die Züchter auf Antibiotika und setzen auf nachhaltiges Fischfutter. Es wird zwar in Frankreich hergestellt, das darin enthaltene Fischmehl und -öl wird grösstenteils aber aus Produktionsabfällen gewonnen. «Die Fischbestände sollen nicht noch mehr belastet werden», sagt Ronald Herculeijns, Gründer der Swiss Alpine Fish AG.
Jeden zweiten Monat werden in Lostallo 40'000 Fischeier aus Island eingeflogen. «Bei uns gibts noch keine Elterntierhaltungen», erklärt Herculeijns den Import. Ausserdem werden die Lachse getötet, noch bevor sie die Geschlechtsreife erreicht haben.
Lachs-Hype wegen Sushi und Poke Bowls
Weil die Fische in einem geschlossenen Kreislauf und unter kontrollierten Bedingungen aufwachsen, ist die Sterberate viel kleiner als in der Natur. Zum Vergleich: Im Misox wird die Hälfte der Fische zwei Jahre alt – dann werden sie mit einem Gewicht von drei bis vier Kilogramm geschlachtet. «In der Natur erreichen weniger als 0,5 Prozent aller Nachkommen solche Grössen», weiss Herculeijns. Wenn sie es aber schaffen, werden Wildlachse bis zu sieben Jahre alt.
Seit 2018 verkauft die Swiss Alpine Fish AG den beliebten Lachs. Bis jetzt können sie gerade einmal vier Prozent des Schweizerischen Lachskonsums decken. Bald aber soll es eine zweite Farm geben. Herculeijns: «Seit Sushi und Poke Bowls in der Schweiz in sind, ist die Nachfrage nach Lachs explodiert. Die Importmengen von Lachs haben sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht.».