Fabienne McLellan (Mitte) an einem Workshop des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP.
Foto: OceanCare

Diese Schweizerin (40) vertritt die Ozeane
«Jährlich sterben 100'000 Wale und Delfine wegen Jagd»

Von der Bankerin zur Ozean-Beschützerin: Fabienne McLellan (40), in der Pfannenstiel-Region aufgewachsen, fühlt sich dem Meer verpflichtet. Wie es dazu kam, erzählt sie BLICK zum Tag des Meeres.
Publiziert: 08.06.2020 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2021 um 14:59 Uhr
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So sieht Feldforschung der Nichtregierungs-Organisation Oceancare aus: Fabienne McLellan im Golf von Korinth, 2014.
Foto: DolphinBiology andConservation
Barbara Ehrensperger

BLICK: Vom Pfannenstiel zum Ozean ist es ein Stück. Warum haben Sie sich dem Schutz der Meere bei der NGO Oceancare verschrieben?
Fabienne McLellan:
Ich bin eine passionierte Wellenreiterin und mit dem Meer tief verbunden. Nirgends fühle ich mich der Natur näher als auf dem Surfbrett. 2005 surfte ich bei Sonnenuntergang vor Sylt. Ich war ganz alleine im Wasser, als eine Gruppe Schweinswale vorbeizog. Mein Schlüsselerlebnis. Durch Zufall lernte ich dann Vera Bürgi, Co-Geschäftsleiterin bei Oceancare kennen und begann, neben meinem Brotjob bei der Rothschild Vermögensverwaltung als Volontärin bei Oceancare. Diese Volontariat hat mich inspiriert, ein Masterstudium im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit an der Monash University in Melbourne zu absolvieren. Seit 2014 arbeite vollumfänglich bei Oceancare und heute leite ich die Arbeit in internationalen Gremien, zusammen mit meinem Kollegen Nicolas Entrup. Ich lebe jeden Tag meinen Traum.

Gabe es Momente, wo sich dachten: Gut, tue ich das! Oder auch: Warum mache ich das überhaupt?
Ersteres: sehr oft! Wann immer ich Bilder von dem Ausmass der Plastikverschmutzung – nicht nur im Meer, sondern auch in unseren heimischen Gewässern sehe. Oder auch Bilder von der Wal- und Delfinjagd. Da kommen bei mir sehr viele Emotionen auf und ich bin unendlich dankbar, dass ich nicht «nur» protestieren, sondern aufgrund der einzigartigen Positionierung von Oceancare ganz konkret etwas unternehmen und mitgestalten kann. Das ist ein Privileg, aber auch eine grosse Verantwortung. Zweiteres: nie! Wenn uns eine steife Brise entgegenweht, hoffe ich immer, einen ersten Samen setzen zu können, den man vielleicht erst viel später ernten kann. So sass ich mal an einer Konferenz zu Unterwasserlärm und in der Pause ergab es sich mit einem Delegierten plötzlich ein gutes Gespräch über Delfinjagd.

Worüber können Sie ich am meisten nerven bei Ihrer Arbeit?
Wenn Hindernisse wie menschliche Egos, eigennützige Agenden, vorgefasste Meinungen und unsachliche Diskussionen wirklichem Fortschritt im Wege stehen.

Oceancare ist UN-Sonderberaterin: Wie schafft es eine Wädenswiler Organisation in den Sonderberater-Status?
Das ist der Weitsicht und Beharrlichkeit unserer Präsidentin, Sigrid Lüber, zu verdanken. Für sie war es bereits vor 30 Jahren klar, dass sie mit Oceancare nicht nur Symptome bekämpfen, sondern die Probleme an der Wurzel packen und damit auf die Ebene der Gesetzgebung begeben möchte. Seit 2007 strebte sie den Sonderberaterstatus bei der Uno an. Ihrer Arbeit zum Thema Unterwasserlärm ist es zu verdanken, dass wir diesen Sonderberaterstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der Uno 2011 erlangen konnten.

Was tut eine UN-Sonderberaterin?
Oceancare darf an jeder Uno-Konferenz zu Meeresthemen teilnehmen und erhält die gleiche Redezeit wie die Regierungen: vier Minuten. Wir versuchen aber, unser Anliegen in kürzerer Zeit vorzubringen – aus Höflichkeit und weil kurz und bündig eher gehört wird. Weil wir als NGO erst am Schluss an die Reihe kommen, können wir Bezug nehmen auf die Kommentare der verschiedenen Länder, das ist ein Vorteil. Ein Statement im Plenum abgeben zu können ist etwas ganz anderes, als den einzelnen Ländervertretern in der Pause hinterherrennen zu müssen.

Wo liegt der Fokus von Oceancare?
In internationalen Gremien, Forschungs- und Schutzprojekten sowie mit Bildungskampagnen wollen wir die Lebensbedingungen in den Weltmeeren verbessern. Unsere Schwerpunkte sind Unterwasserlärm, Plastikverschmutzung, Tier- und Artenschutz sowie Fischereithemen.

Welches Ziel würden Sie am liebsten sofort erreichen?
Die Tötung von Meerestieren stoppen. Und zwar mit dem Stopp der Waljagd – Norwegen ist Walfang-Nation Nummer Eins und tötet rund 400 Zwergwale in europäischen Gewässern pro Jahr. Insgesamt sterben 100'000 Kleinwale und Delphine durch direkte Bejagung, da ist der Beifang der Fischerei noch nicht mitgezählt ... Die Jagd kann sofort gelöst werden. Es braucht nur politischen Willen. Andere Themen wie zum Beispiel chemische Verschmutzung oder Klimawandel sind sehr viel schwieriger zu lösen.

Was macht Oceanare zum «Tag des Meeres»?
«Innovation für nachhaltige Meere» ist das diesjährige Thema. Wir zeigen das internationale Projekts «Save Whales», wo es darum geht, dass Cargoschiffe nicht mit Pottwalen kollidieren und sie verletzen. Solarbetriebene Bojen warnen Schiffe in Echtzeit. Momentan ist eine solche Boje südlich von Kreta verankert, wo es rund 200 Pottwale hat. Dies war der Härtetest den Winter hindurch. In diesem Monat sollen dann die nächsten Bojen für den richtigen Betrieb ausgeliefert werden.

Ein Meer in der Schweiz: Was würde dies verändern?
Das Ökosystem Meer ist lebenswichtig und versorgt uns mit einer Vielfalt an Ökosystem-Dienstleistungen. Das Meer versorgt uns zum Beispiel mit Sauerstoff: Jeder zweite Atemzug kommt aus dem Meer. Als Binnenland ist die Schweiz von der Klimaerwärmung stärker betroffen als Länder mit einem Meer. Es würde uns also nicht nur viele lebenswichtige Dienste erweisen, sondern wäre auch Erholungsgebiet und würde uns viele grossartige Freizeitmöglichkeiten bieten. Für mich wäre die Schweiz dann rundum perfekt!

Was tun gegen den Plastik im Meer?

97 Prozent des Wassers auf unserer Erde ist in den Ozeanen gespeichert. Wir benötigen intakte Weltmeere für unser Überleben. Wie stehen wir zu den Ozeanen und was tun wir gegen die tödliche Plastikflut?

97 Prozent des Wassers auf unserer Erde ist in den Ozeanen gespeichert. Wir benötigen intakte Weltmeere für unser Überleben. Wie stehen wir zu den Ozeanen und was tun wir gegen die tödliche Plastikflut?

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