Comeback von Einweg-Material wegen Corona
Plastik-Röhrli und Wegwerf-Becher feiern Comeback

Als die Klimastreiks in aller Munde waren, überbot sich der Handel mit Umweltversprechen. Doch seit der Corona-Krise erleben Plastikröhrli, -Einwegbecher und Co. einen Aufschwung – aus Hygienegründen. Coop gelobt immerhin Besserung beim Plastikbesteck.
Publiziert: 09.06.2020 um 23:07 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2021 um 12:11 Uhr
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Ab 2021 sind Plastikröhrli in der EU verboten. In der Schweiz werden sie weiter verteilt.
Foto: Getty Images
Claudia Gnehm

Die Kaffeehauskette Starbucks ist wegen der Corona-Krise von ihren Ökoversprechen abgerückt. Der US-Konzern serviert Kaffee und andere Getränke auch in der Schweiz nur noch im Einwegbecher. Auch Kundinnen und Kunden, die der Umwelt zuliebe einen wiederverwertbaren Behälter mitbringen, wird der Einwegbecher-Müll aufgezwungen. «Sie können schon ihren eigenen Becher nutzen, aber wir füllen nur in Einwegbecher ab – Sie müssen dann halt umleeren», erwidert eine Zürcher Starbucks-Verkäuferin auf das Problem angesprochen.

Starbucks hält schon seit Jahren sein Versprechen hoch, von den Einwegbechern wegzukommen. Wer wiederverwendbare Becher mitbringt, erhält als Belohnung einen Rabatt von 80 Rappen.

Das Einweg-Regime wurde laut Starbucks aus Hygienegründen eingeführt. Es soll in der Schweiz in den nächsten Wochen wieder abgeschafft werden. Keine Corona-Ausrede dagegen hat Starbucks bei Plastikröhrli. Bis 2020 wollte die Kaffeekette diese durch ökologischere Alternativen ersetzen.

Plastikröhrli verschwindet 2021 in der EU

Anfang Jahr beteuerte Starbucks in der Schweiz, dass nur noch Restbestände der Röhrli aus Plastik verwendet würden. Doch derzeit gibt das Personal immer noch grosszügig Plastiktrinkhalme heraus – ohne eine Alternative. Eine Starbucks-Sprecherin sagt, das Unternehmen sei hierzulande immer noch dabei, den verbleibenden Bestand an Plastikstrohhalmen abzubauen. Wegen der Corona-Schliessung verzögere sich der Abbau.

Wie Starbucks muss auch McDonald's ab nächstem Jahr in der EU auf Plastikröhrli und Einweggeschirr verzichten. In der Schweiz aber werden Konsumenten beim Burgerbrater noch länger in die Plastikröhre gucken müssen.

Test mit Alternativen in Genf und Neuenburg

Immerhin, der Wille zur Reduktion ist da: McDonald's testet seit Januar in Genf und seit Anfang März in Neuenburg in seinen Restaurants alternative Materialien zu Plastik für die Lancierung in Schweizer Filialen. Das sagt McDonald's-Sprecherin Jae Ah Kim auf Anfrage von BLICK. Darunter sind zum Beispiel Röhrli aus Papier oder Besteck aus Holz. Wegen der Corona-Krise seien die weiteren geplanten Tests mit den Papierröhrli in anderen Städten noch nicht durchgeführt worden.

Weniger schnell vorwärts mit dem Einwegplastik als versprochen geht es auch bei Coop. Vor einem Jahr teilte der Detailhandelsriese mit, dass es in allen 900 Verkaufsstellen ab sofort sinnvolle Alternativen zu Plastikgeschirr gebe. Bei vielen Ladenbuffets von Coop kann man aber noch nicht wählen, ob man das Essen in Einwegplastik abfüllen will oder nicht – weil es nur Einwegplastik gibt, auch beim Besteck.

Doch Coop-Sprecherin Rebecca Veiga verspricht: «Der Ersatz des Plastikbestecks durch eine nachhaltige Lösung ist für dieses Jahr in Planung.» Zudem führe Coop verschiedene Tests mit Kartonbehältern im Buffet-Bereich durch. Das allerdings erst in ausgewählten Verkaufsstellen.

Rivalin Migros setzt auf Zero-Waste: Bis Ende Jahr soll in ihrem Sortiment schrittweise sämtliches Einweg-Plastikgeschirr durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt worden sein, kündigt die Detailhändlerin im Februar 2020 an.

Corona soll Abfallberge nicht vergrössern

Umweltorganisationen sind besorgt über das Corona-Comeback beim Plastik. «Wir sind beunruhigt, dass im Bereich Mehrweg im Windschatten der Corona-Krise bisher Erreichtes rückgängig gemacht wird», sagt Philipp Rohrer von Greenpeace. So sei es im Moment an vielen Orten nicht möglich, einen «Coffee to go» im eigenen Mehrwegbecher zu kaufen, und an Wochenmärkten seien eigene Säckli für Früchte und Gemüse vielerorts nicht erlaubt.

Diese Krise zeige, dass es dringend Investitionen in innovative Mehrwegsysteme brauche, die gleichzeitig den Komfort für die Konsumenten und die hygienischen Anforderungen erfüllen. Für Rohrer stehen dabei weniger Utensilien im Vordergrund, die die Kunden selbst mitbringen. Bei ihm stehen vielmehr Depotsysteme im Fokus. Ohne neue Lösungen drohe die Corona-Krise sonst die Abfallberge weiter wachsen zu lassen und die Littering-Problematik zu verstärken.

Während es in der EU ab nächstem Jahr für Einwegröhrli, -Besteck und Co. Bussen gibt, sind diese in der Schweiz nur vereinzelt und lokal verboten. In Genf etwa ist Einweg-Plastikgeschirr seit dem 1. Januar 2020 untersagt – aber nur an Verkaufsständen und allen von der Stadt bewilligten Anlässen auf öffentlichem Grund.

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