Oft werden einzelne Personen und Pionierinnen hervorgehoben, wenn es um die Fortschritte der Frauenbewegung geht. Doch die Verbesserungen im Gleichstellungsbereich nur möglich, weil sich Frauen über Konfessions-, Kantons- und Parteigrenzen hinweg zusammenschlossen und Allianzen bildeten.
Vier Beispiele von bekannten und weniger bekannten Errungenschaften, die sich Frauen gemeinsam erkämpften.
1 Sport
Noch in den 1950er-Jahren sollten Frauen nur Sportarten wie Gymnastik, Tanz und Eislaufen ausführen, nicht aber Sportarten, die als «männlich» galten.
Zwar zeigten Studien von Ärztinnen in den folgenden Jahren und Jahrzehnten, dass die Gebärfähigkeit nicht unter körperbetontem Sport leidet. Trotzdem mussten sich die Frauen ihren Platz im Sport bis in die jüngere Vergangenheit gegen harten Widerstand erkämpfen.
Dies zeigt sich 1980 am ersten Damenschwinget in Aeschi bei Spiez (BE): Die Organisatorin bekam Todesdrohungen und musste das Sägemehl vor dem Wettkampf wegschliessen, weil einige gedroht hatten, Rasierklingen darin zu verstecken.
Die Frauen aber arbeiteten zusammen und wurden durch ein gewaltiges Gemeinschaftserlebnis belohnt, das sie bestärkte: 76 Schwingerinnen nahmen teil, 15000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren dabei. Seit 1992 sind die Frauen in einem eigenen Schwingerverband organisiert.
2 Rechte für frauenliebende Frauen
Einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen (ab 20 Jahren) wurden 1942 schweizweit legalisiert. Ab Ende der 1960er-Jahre lockerten sich die Moralvorstellungen. Fortan kämpften lesbische und schwule Emanzipationsbewegungen offensiv um Gleichstellung.
Seit 1991 setzt sich die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) als Dachverband für die Rechte von Lesben, bisexuellen und queeren Frauen ein.
Das Projekt #zusammenfrauen des Gosteli-Archivs zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung in Worblaufen bei Bern legt den Fokus auf gemeinsame Kämpfe von Frauen. Sieben Erfolgsgeschichten hat das Team der Gosteli-Stiftung unter der Führung von Co-Direktorin Lina Gafner aufgearbeitet; weitere sollen folgen. zusammenfrauen.ch
Das Projekt #zusammenfrauen des Gosteli-Archivs zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung in Worblaufen bei Bern legt den Fokus auf gemeinsame Kämpfe von Frauen. Sieben Erfolgsgeschichten hat das Team der Gosteli-Stiftung unter der Führung von Co-Direktorin Lina Gafner aufgearbeitet; weitere sollen folgen. zusammenfrauen.ch
Eine grosse Sichtbarkeit erreichte die LOS 1994, als die Organisation die Fussballerinnen des FC Wettswil-Bonnstetten unterstütze. Der Vorstand hatte das Team aufgelöst, nachdem bekannt geworden war, dass einige Spielerinnen lesbisch waren.
Man fürchtete, die Spielerinnen würden Juniorinnen mit Homosexualität «anstecken», und unterstellte ihnen, sie würden den Club für das «Ausleben abnormaler Veranlagungen» ausnutzen. Der Blick titelte damals: «Sex-Skandal».
Das geschlossen auftretende Team und die LOS schafften es, den Diskurs umzukehren: Nun rückte die Diskriminierung von Homosexuellen in den Fokus. Später trug die Arbeit der queeren Dachverbände auch politisch Früchte: 2005 sagte das Stimmvolk Ja zum Partnerschaftsgesetz, 2022 trat die Ehe für alle in Kraft.
3 Eigene AHV-Rente
Über die Parteigrenzen hinweg taktierte ein Quartett von Nationalrätinnen aus SP, Grünen und FDP. Sie verhandelten, einigten sich auf gemeinsame Nenner, setzten sich mit der Unterstützung anderer durch und schafften 1993 Historisches: eine grundlegende Änderung des bisherigen Sozialversicherungssystems, den Durchbruch zu einem individuellen und grösstenteils zivilstandsunabhängigen Anspruch auf eine Altersrente, in Kombination mit der Anrechnung unbezahlt geleisteter Arbeit.
Dem Durchbruch im Parlament vorausgegangen war unter anderem der erste Frauenstreik 1991, an dem ein Systemwechsel in der AHV vehement und von verschiedensten Frauenorganisationen gefordert worden war. Der Druck von der Strasse hatte gewirkt.
4 Soziale Sicherheit für Bäuerinnen
Schon 1932 gründeten Bauersfrauen den Schweizerischen Landfrauenverband. Sein Ziel: «Die Bäuerin in sozialer, wirtschaftlicher und ethischer Hinsicht zu fördern», wie es in einem Dokument der Gosteli-Stiftung heisst. Der Verband hatte von Beginn weg politisches Gewicht – er vertrat 12000 Bäuerinnen. Er erreichte zum Beispiel, dass Frauen im Landwirtschaftsgesetz von 1951 das gleiche Recht für eine berufliche Ausbildung wie Männern zugestanden wurde. 1962 setzte der Bundesrat das erste Reglement zur Berufsprüfung der Bäuerinnen in Kraft. Ein Sieg nach hartem Kampf.
Noch heute haben Frauen in der Landwirtschaft aber einen schweren Stand: Fast ein Drittel der Frauen, die im familieneigenen Betrieb arbeiten, beziehen keinen Lohn. Offiziell sind sie nicht erwerbstätig – und haben somit keinen Anspruch auf eine berufliche Vorsorge oder auf Mutterschaftsversicherung.