Es war eine violette Welle, die über die Schweiz schwappte. Im ganzen Land demonstrierten am 14. Juni 2019 Hunderttausende Frauen dafür, dass das Versprechen der Gleichberechtigung endlich eingelöst wird.
Heuer soll am 14. Juni abermals ein landesweiter Frauenstreik stattfinden – dieses Mal heisst die Kundgebung offiziell «feministischer Streik» – damit auch Männer, nicht binäre und trans Personen angesprochen sind. Allein: Was für Linke eine Selbstverständlichkeit ist, hält bürgerliche Frauen eher von einer Teilnahme ab. Viele wollen nicht wirklich streiken und sich sonst für Frauenrechte einsetzen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
SP-Frauen gegen Alliance F
Zusätzlich droht ein Eklat die breite Solidarität zu trüben. Die SP-Frauen haben nämlich Ende März ihre Mitgliedschaft beim Dachverband Alliance F vorläufig aufgehoben. Dieser versteht sich als parteiübergreifende Stimme der Frauen.
Die Sozialdemokratinnen wollen bis Ende September entscheiden, wie es mit ihrer Mitgliedschaft weitergehen soll. Vom Verlängern der Mitgliedschaft bis zur Gründung einer linken Dachorganisation als Alternative zu Alliance F sei alles möglich.
Grund für den Streit vor dem Streik: die Reform der beruflichen Vorsorge. Alliance F hat sich dafür eingesetzt, die Linken fanden das nur mässig lässig. Denn: SP, Grünen und Gewerkschaften haben gegen die Vorlage das Referendum ergriffen.
Uneins über Bilanz der Legislatur
Nur: Eine breite Allianz ist wichtig, um für Frauenanliegen einzustehen. Am 14. Juni organisiert Alliance F laut «Tages-Anzeiger» ein Treffen im Bundeshaus. Dabei soll es darum gehen, Bilanz über die laufende Legislatur zu ziehen und die bevorstehende aufzugleisen.
Kathrin Bertschy (43, GLP), Co-Präsidentin der Alliance F, zeigt sich gemäss der Zeitung zufrieden. Man habe Fortschritte bei der dauerhaften Finanzierung von Kindertagesstätten erzielt. Die Individualbesteuerung, die ein Zweiteinkommen attraktiver macht, komme voran und das Sexualstrafrecht werde verschärft.
Das würdigt auch SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (33). Für sie falle die Bilanz allerdings «durchzogen bis negativ» aus, sagt sie. So kritisiert sie etwa die Erhöhung des Frauenrentenalters in der AHV, die ungenügende Revision der beruflichen Vorsorge und die nach wie vor grosse Differenz zwischen Frauen- und Männerlöhnen. (oco)