Was plant die US-Elektromarke Lucid?
Grün ist der neue Luxus

Über 800 PS Leistung, bis zu 800 Kilometer Reichweite: Auf den ersten Blick setzt die Elektroauto-Marke Lucid bei ihren Modellen vor allem auf Superlative. Dahinter steckt aber vor allem der Sinn fürs Detail, sagt Technikchef Eric Bach.
Publiziert: 10.03.2024 um 12:06 Uhr
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Der andere Elektroauto-Hersteller aus den USA: Während Tesla schrill auftritt, wird bei Lucid akribisch die Technik der Autos verbessert.
Foto: ZVG.
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Für manche ist es nur ein Stofftier. Doch für Eric Bach (51) ist der kleine Elch eine Auszeichnung. Gewonnen hat ihn der 2007 gegründete US-Elektroautobauer Lucid Motors, weil sein Premierenmodell Air bei Tests der Jury Car of the Year den Elch-Ausweichtest so schnell wie noch kein anderes Auto meisterte. Der Frontspoiler kratze über den Asphalt, so tief tauchte die Karosserie ein. Aber die Limousine blieb beim Hakenschlagen mit Tempo 83 noch in der Spur.

Konkurrent Tesla und dessen CEO Elon Musk schreien schrill ihre Botschaften in die Welt, während Lucid aus dem kalifornischen Newark akribisch an der Technik feilt. Kaum jemand kennt die Unterschiede zwischen den beiden Elektroauto-Herstellern so gut wie Bach: Mit dem heutigen Lucid-CEO Peter Rawlinson als Chefentwickler brachte er 2012 Teslas Model S ans Laufen. «Wir haben alles gegeben, 16 oder 18 Stunden am Tag – das war egal», sagt der gebürtige Deutsche. Für den Knochenjob bei Tesla warf er nach elf Jahren bei VW hin: «Du bist in drei Wochen wieder da, prophezeiten meine Ex-Kollegen. Gehen war eine Todsünde.»

Selbst entwickelte E-Technik

Heute treibt Bach als Technikvorstand Lucid voran. «Die wichtigen Komponenten entwickeln wir selbst: Batteriepack, Ladegerät, Elektromotoren, Software, Energiemanagement.» Für Zulieferer blieben nur Fahrwerk oder Sitze. Selbst die Scheinwerfer mit speziellen Linsen werden selbst konstruiert. Wo sind die Fortschritte am grössten? «Bei den Batterien: Alle zwei bis drei Jahre nimmt ihre Energiedichte um fünf Prozent zu.» Und damit die Reichweite.

Statt Batteriegrösse gilt Bach Energieeffizienz als Schlüssel. Obwohl die Modelle Air und der an der Geneva International Motorshow erstmals in Europa gezeigte SUV Gravity bei uns erst ab rund 90'000 Franken starten. «Unsere Kunden können sich den Strom schon leisten», sagt Bach. Aber Lucid schaffe mit zwölf Prozent weniger Batteriekapazität die gleichen Reichweiten wie die Konkurrenz. «Das macht je zwölf Prozent weniger Rohmaterial, weniger Gewicht und weniger Energieaufwand in der Produktion.» Bach schaut tief in die Details: optimierte Magnetfelder der Elektromotoren, die Ölpumpe für den Kühlkreislauf, reibungsarme Antriebswellen, die glatten Fronten der Autos. Überall steckt Optimierungspotenzial für weniger Verbrauch.

Software ist das Wichtigste

Das Nobelsegment gilt Bach als Vorreiter bei der E-Mobilität: «Grün ist der neue Luxus.» Weil die Fahrzeuge nicht so kostensensibel sind wie Elektro-Kleinwagen, liessen sich teure Innovationen rechtfertigen. Der Komfortgewinn gegenüber früheren V12- und V8-Benzinern sei immens. Fahrdynamisch könne man dank der extrem steifen Karosserien sogar kleine Elche gewinnen. «Und selbst bei Vollgas ist man im Stromer effizienter unterwegs als einst.» Darin steckt auch ein Business-Case für Lucid: Der britische Sportwagenbauer Aston Martin wird künftig Lucids E-Technik für seine kommenden Stromer beziehen.

Wer ist Lucid Motors?

Bereits 2007 startete Lucid Motors – damals noch unter dem Namen Atieva – als Zulieferer für Elektroantriebe. Sieben Jahre später ging es los mit der Entwicklung des ersten eigenen Modells namens Air. Seit 2016 trägt die Firma den Namen Lucid Motors und residiert seit 2019 im kalifornischen Newark (USA). Gebaut wird der Air im Werk in Casa Grande (Arizona, USA, Bild), ein weiteres Werk entsteht in Saudi-Arabien. Im Endausbau sollen 300'000 Autos pro Jahr vom Band laufen.

Lucid Motors, wesentlich mitfinanziert vom saudi-arabischen Staatsfonds, hat ein sehr erfahrenes Führungsteam angeheuert: CEO Peter Rawlinson gilt als Vater des Tesla-Erfolgs, weil er als Entwicklungschef einst das Model S anschob. Der Hardware-Technikchef Eric Bach kam ebenfalls von Tesla. Die Finanzchefin Sherry House ist von General Motors zu Lucid gestossen, Designer Derek Jenkins stylte vorher Audis, Mazdas und VWs.

Lucid

Bereits 2007 startete Lucid Motors – damals noch unter dem Namen Atieva – als Zulieferer für Elektroantriebe. Sieben Jahre später ging es los mit der Entwicklung des ersten eigenen Modells namens Air. Seit 2016 trägt die Firma den Namen Lucid Motors und residiert seit 2019 im kalifornischen Newark (USA). Gebaut wird der Air im Werk in Casa Grande (Arizona, USA, Bild), ein weiteres Werk entsteht in Saudi-Arabien. Im Endausbau sollen 300'000 Autos pro Jahr vom Band laufen.

Lucid Motors, wesentlich mitfinanziert vom saudi-arabischen Staatsfonds, hat ein sehr erfahrenes Führungsteam angeheuert: CEO Peter Rawlinson gilt als Vater des Tesla-Erfolgs, weil er als Entwicklungschef einst das Model S anschob. Der Hardware-Technikchef Eric Bach kam ebenfalls von Tesla. Die Finanzchefin Sherry House ist von General Motors zu Lucid gestossen, Designer Derek Jenkins stylte vorher Audis, Mazdas und VWs.

Wichtiger als Hard- ist inzwischen die Software. Rund 55 Prozent der Lucid-Entwickler schreiben Code. Aber nicht losgelöst, sondern in enger Kooperation mit den klassischen Ingenieuren. «Ein Beispiel: Unsere Traktionskontrolle ruft jetzt 40-mal häufiger die Sensorendaten ab als die Konkurrenz», sagt Bach. Gerade bei der Software hätten etablierte Hersteller den Zug verpasst, müssten jetzt gut zehn Jahre Rückstand aufholen und mit Tech-Giganten wie Google kooperieren. 

Bald kommt ein kleineres Modell

Die nötige Zeit für die Etablierung kauft Lucid dessen Hauptinvestor, der saudi-arabische Staatsfonds. Während US-Elektromarken wie Rivian und Fisker unter hohen laufenden Kosten für Materialien und Produktion leiden, oft am Rande des Konkurses operieren und auch Tesla schon finanziell üble Zeiten durchleben musste, hält der Financier Lucid den Rücken frei. Das Unternehmen revanchiert sich mit einem Werk in Dschidda, wo ab 2025 rund 150'000 Autos im Jahr vom Band laufen sollen, und unterstützt die Transformation des Landes im Hinblick auf die Zeit nach dem Erdöl.

Und wie geht es weiter? Nach dem Gravity soll im kommenden Jahr ein Mittelklasse-Crossover mit Lucid-Akribie, aber zu günstigeren Preisen neue Kundinnen und Kunden anlocken. Und in Höri ZH entsteht zusätzlich zu den zwei Schauräumen in Zürich und Genf ein Servicecenter für standesgemässe Fahrzeugübergabe und -wartung. Lucid will kommen, um zu bleiben.


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