Audi macht Tempo. VWs Edelmarke wird von der Chipkrise und den Lieferproblemen weniger arg gebeutelt als die direkten Konkurrenten BMW und Mercedes. Während deren Verkaufszahlen in der Schweiz bis Ende Mai deutlich eingebrochen sind (BMW -10 %, Mercedes -24 %), sind sie bei Audi konstant geblieben.
Dadurch konnte Audi seinen Marktanteil steigern, freut sich Audi-Schweiz-Chef Dieter Jermann (54): «Wir sind jetzt wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz.» Noch in der zweiten Jahreshälfte werde zumindest die Chipkrise überwunden, ist Jermann überzeugt. Stellt sich die Frage, ob Audi mitziehen kann, wenn der Gesamtmarkt wieder anzieht – oder die Verkäufe auch dann weiterhin konstant bleiben.
Zwei Technologien für den neuen A6
Damit das nicht passiert, setzt die VW-Tochter ihre Elektrooffensive fort. Die Studie A6 E-Tron Concept, die kürzlich in Interlaken BE am Swiss Economic Forum erstmals in der Schweiz gezeigt wurde, gibt einen ersten Ausblick. Sie basiert auf der sogenannten Premium Plattform Electric (PPE), die Audi zusammen mit Porsche entwickelt hat. Daneben wird es aber auch nochmals einen klassischen A6 mit Benzin- und Dieselnmotoren geben. Dieser steht auf der bisherigen Verbrenner-Plattform und wird etwas anders aussehen als der Stromer.
Beiden Versionen gemeinsam ist ein klassisches Design mit langer Motorhaube. Damit geht Audi bewusst einen anderen Weg als beispielsweise Mercedes mit dem EQE. PPE-Sprecher Florian Hauser (39): «Eine Umfrage hat gezeigt, dass unsere Kunden dieses klassische Design erwarten. Für sie drückt es das Prestige der Fahrzeugklasse aus.» Das Concept Car entspreche schon zu 80 Prozent dem künftigen Elektro-A6.
475 PS und über 700 Kilometer Reichweite
Zum Design-Ausblick gibt es auch schon erste technische Daten: Mit zwei Elektromotoren, je einer vorne und hinten, kommt der Elektro-A6 auf 475 PS (350 kW) und ein maximales Drehmoment von 800 Nm. Damit soll er in unter vier Sekunden auf Tempo 100 sprinten. Daneben sind Einstiegsversionen mit reinem Heckantrieb geplant, die in unter sieben Sekunden auf 100 km/h beschleunigen sollen.
Herzstück ist die Batterie im Unterboden. Sie wird in der Serienversion des A6 E-Tron eine Kapazität von 100 Kilowattstunden (kWh) haben und soll damit im WLTP-Verbrauchszyklus über 700 Kilometer Reichweite ermöglichen. Gepaart mit der aus dem E-Tron GT bekannten 800-Volt-Architektur und bis zu 270 Kilowatt Ladeleistung soll der A6 zum Langstrecken-Stromer werden. Am Schnelllader gehts in unter 25 Minuten von fünf auf 80 Prozent Batteriekapazität; unter idealen Voraussetzungen soll innert zehn Minuten genug Strom für 300 Kilometer geladen werden.
Zuerst ein SUV
Die Studie denkt bisherige Projektionen aus dem Seitenspiegel beim Öffnen der Tür weiter. Viele Hersteller projizieren ihr Logo auf den Boden, wenn wir die Tür öffnen. Der A6 E-Tron Concept nutzt diese Technik als Sicherheitsfunktion – zum Beispiel, um eine Velofahrerin vor dem Öffnen der Tür zu warnen. Zudem gibts gelbe Projektionen an den Fahrzeuge-Ecken bei aktiviertem Blinker. Nach aktueller Rechtslage dürfte dieses System für die Schweizer allerdings kaum eine Zulassung erhalten.
Kleiner Wermutstropfen: Das erste Serienfahrzeug auf der neuen Plattform wird kein Audi, sondern der nächste Porsche Macan. Und der erste PPE-Audi wird immer noch nicht der A6, sondern der Q6 E-Tron sein, der elektrische Bruder des Q5. Erst in zwei Jahren, Mitte 2024, kommt der A6 E-Tron – zuerst als Limousine und kurz darauf auch als Kombi namens Avant. Preise stehen natürlich noch längst nicht fest.
