Automessen sind von gestern? Das mag für Europa stimmen – aber nicht fürs Auto-Boomland China, wo die Shows in Shanghai oder Peking immer noch die Massen anziehen. Trotzdem musste die Auto China in Peking jetzt verschoben werden, weil Corona das Land wieder im Griff hat. Pech für Audi: Denn die neue Studie Urbansphere Concept hätte hier eigentlich präsentiert werden sollen. Bleibt also nur die Online-Enthüllung.
Die passt allerdings zu solch einem High-Tech-Fahrzeug. Mit dem Urbansphere Concept komplettiert Audi sein Concept-Car-Trio zusammen mit Skysphere und Grandsphere. Erste Erkenntnis: Hier gehts nicht mehr bloss ums Fahrvergnügen hinterm Steuer. Da der Verkehr in Millionenstädten stetig zunimmt, wird die Zeit im Auto genauso wichtig wie die zu Hause oder im Büro. Der Besitzer hat die Wahl: Entweder er greift selbst zum Steuer, lässt sich von einem Profi-Fahrer chauffieren oder die hoch automatisierte Elektronik übernimmt das Steuer. In den letzteren Fällen lässt sich dann die kostbare Zeit besser nutzen als im Stau tatenlos herumzustehen.
Weg mit dem Stresse im Auto
Entworfen wurde der Elektro-Van um die Passagiere herum. Für maximale Bequemlichkeit geht der Trend weg von der Luxuslimousine zum Edel-Van in Grösse XXL. Mit 5,51 Metern Länge und eine Höhe von 1,78 Metern überragt die Studie jeden Serien-Audi; bei 2,01 Meter Breite und dem gigantischen Radstand von 3,40 Metern gibts so viel Platz für vier Passagiere wie noch nie in einem Audi. Die räkeln sich in elektrischen Luxussesseln, deren Lehnen um bis zu 60 Grad nach hinten geneigt werden können. Fürs leichte Ein- und Aussteigen drehen sich die Fondsitze beim Öffnen der gegenläufigen Türen per Elektromotor um bis zu 25 Grad nach aussen. Mangels mittlerer Säule geht das Einsteigen besonders einfach.
Danach erwacht der Psychologe in der Audi-Steuerungssoftware: Per Gesichtsscan und Stimmenanalyse ermittelt das Auto den Stressfaktor seiner Passagiere. Wenn gewünscht, gibt es dann ein Wohlfühlprogramm mit Meditationselementen, um den Stress über Bildschirmprojektionen und Musik möglichst schnell abbauen zu können. Dazu dient eine gewölbte Kopfstütze, die sich variabel drehen kann und so die Sitznachbaren nicht stört. Witzig: Ihre Form ist vom Eames Lounge Chair beeinflusst – einer der Designikonen der Möbelwelt. Per Sprache, Geste oder über die Touchflächen in den Armauflagen wird sie bedient. Für die gemeinsame Nutzung des Infotainments schwenkt ein grossformatiger OLED-Bildschirm aus dem Dach vertikal in den Bereich zwischen den beiden Sitzreihen. Hier können nicht nur Filme geschaut und Musikfunktionen bedient werden, sondern man kann sich auch in Videokonferenzen einwählen.
Serienbau? Warum nicht
Der Antrieb des Audi Urbansphere Concept wird dem gegenüber zur Nebensache: Rein elektrisch werden Vorder- und Hinterachse angetrieben; die Leistung ist mit 400 PS (295 kW) nicht gerade überrissen. Wenn nicht nötig, lässt sich durch Verringerung des Laufwiderstands auch die Vorderachse stillegen. Die maximale Reichweite eines etwaigen Serienmodells soll bei rund 750 Kilometern liegen. Dank 800-Volt-Ladetechnik lässt sich das 120-kWh-Akkupaket im Unterboden des Cityvans mit bis zu 270 Kilowatt Ladeleistung aufladen. Für eine Strecke von 300 Kilometern muss der Business-Audi so weniger als 25 Minuten an die Schnellladesäule. Und weils um mehr als nur Fahren geht, kümmert sich der Audi nicht nur bei Bedarf vollautonom ums Nachladen, sondern auch um Parkplatzsuche und das Abholen seiner Passagiere.
Für maximalen Komfort der Insassen sorgen eine variable Luftfederung an Vorder- und Hinterachse, während die mitlenkende Hinterachse für leichtes Rangieren in engen Innenstädten sorgen soll. Nur fliegen kann das High-Tech-Raumschiff noch nicht. Und wirds in Serie umgesetzt? Wenn der Urbansphere Concept gut ankommt, dürfte eine Umsetzung speziell für den chinesischen Markt wohl nur eine Frage der Zeit sein. Und die Wahrscheinlichkeit ist nicht so gering. Denn erstmals durften chinesische Audi-Kunden im Entwicklungsprozess mitreden.
