Porsche Mission R
So fährt sich der 1088-PS-Rennwagen der Zukunft

Wie sieht Rennsport im Elektrozeitalter aus? Porsche hat mit dem Mission R die Antwort. Einen elektrischen GT3-Renner. Porsche lässt Blick ans Steuer dieses millionenteuren Prototypen.
Publiziert: 26.11.2021 um 11:30 Uhr
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Der Mission R ist Porsches Ausblick auf einen Elektro-Rennwagen.
Foto: Porsche
Stefan Grundhoff

Ein grosser Heckflügel prangt über dem mächtigen Diffusor. Eine flache, aerodynamische Linienführung kennzeichnet die Karosserie. Mit wenig Bodenfreiheit duckt sich der Rennwagen mit seinen Michelin-Slicks auf den Asphalt.

Das Innere ist clean wie ein Labor. Rennschalensitze mit Fangnetz, Crashstruktur aus karbonfaserverstärktem Kunststoff und ein Hightech-Lenkrad, das die Formel 1 erblassen lässt. Zum hineinklettern brauche ich fast einen Schuhlöffel. Alles, wie ich es seit jeher von Rennwagen kenne.

Bis zu 1088 PS

Ich starte das Fahrzeug und bereite mich instinktiv auf den laut kreischenden Klang eines Porsche-Boxers vor. Doch alles bleibt ruhig. Der Mission R ist ein reiner Elektro-Rennwagen. Er soll einen realitätsnahen Ausblick auf die Rundstreckenzukunft von Porsche geben. Gleichzeitig kündigte die Sportwagenmarke aus Zuffenhausen (D) für Mitte des Jahrzehnts einen neuen Elektro-Markenpokal an.

Die Leistungsdaten des Porsche Mission R lesen sich eindrucksvoll. Pro Achse gibts einen E-Motor, der vordere leistet 517 PS (380 kW), der hintere 571 PS (420 kW). Im Qualifikationsmodus kommt die elektrische Allrad-Bestie so auf 1088 PS (800 kW), das ist doppelt so viel wie ein heutiger GT3-Renner. Fürs Rennen wird die Leistung für mehr Reichweite auf 680 PS (500 kW) gedrosselt und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 300 km/h.

In 2,5 Sekunden auf Tempo 100

Aber so eindrucksvoll diese Leistungsdaten sind, so spektakulär fährt sich der Mission R. Beim Vollgasstart entgleisen mir beinahe die Gesichtszüge, und die Tempo-100-Marke rast in 2,5 Sekunden vorbei. Beinahe beängstigend, wie souverän die Elektroflunder die Leistung auf den Asphalt bringt. Nicht nur auf der Geraden, sondern auch in den Kurven.

Wichtig ist das richtige Bremsen. Nicht nur, weil 1,5 Tonnen auf der Rennstrecke extrem viel sind (ein rennfertiger Cup-911 ist etwa 300 Kilogramm leichter), sondern auch wegen der Rekuperation. Der Mission R rekuperiert nicht wie normale Stromer, wenn ich vom Gas gehe, sondern nur, wenn ich aufs Bremspedal trete.

Bremse ich richtig, presse ich mit bis zu 800 Kilowatt Rekuperation Strom zurück in den Akku. Das ist nicht nur für zusätzliche Reichweite gedacht, sondern dient auch als Boost beim Beschleunigen aus der Kurve. Das hatte schon dem Le-Mans-Rennwagen Porsche 919 bei seinen Siegen geholfen und die Konkurrenz pulverisiert. Für die richtige Traktion dabei sorgt je eine Differenzialsperre pro Achse.

Akku reicht für 30 Minuten

Hauptgrund für das stolze Gewicht ist natürlich das 82-kWh-Akkupaket. Das soll für eine halbe Stunde lange Rennen reichen. Damit der Akku dabei auf optimaler Betriebstemperatur bleibt, hat Porsche extra eine Ölkühlung entwickelt, die auch die E-Motoren kühlt. Zurück in der Boxengasse soll mit 900 Volt in einer Viertelstunde nachgeladen werden. Gelernt hat man dabei aus der dahinsiechenden Formel E.

Während der Mission R lädt, betrachte ich den Elektrorenner und staune, dass es noch vier Jahre dauern soll bis die Rennserie an den Start geht. Der Bolide sieht ausgereift aus. Aber die Ingenieure wollen das Gewicht noch mindestens auf 1430 Kilogramm drücken. Ich frage mich wie? Den Überrollkäfig gibt es schon gar nicht.

Stattdessen schützt eine crashsichere Struktur aus karbonfaserverstärktem Kunststoff den Fahrer. Sie sieht aus wie ein Exoskelett, das neben der maximalen Steifigkeit noch Gewicht spart. Für den Fall der Fälle gibt es eine Rettungsluke direkt über dem Fahrer. Die bleibt diesmal ohne Funktion, doch die Kletterei in den Rennwagen hinein ist anstrengend genug – heraus gehts etwas einfacher.

Da geht noch mehr!

Dieses Mal bin ich «nur» Passagier an der Seite von Porsche-Werksfahrer Lars Kern, und der lässt es auf den ersten beiden Runden noch zahm angehen – vergleichsweise. Doch als sich die Michelin-Pneus an Fahrer und Strecke gewöhnt haben, gibt es auf dem Handlingkurs kein Halten mehr. Und ich merke, ich habe nur an der Oberfläche des fahrdynamischen Potenzials des Mission R gekratzt. So hat der Rennsport eine elektrische Zukunft.

Jetzt muss Porsche nur noch die Kosten in den Griff bekommen, denn die sind für den Erfolg einer Rennserie letztlich das A und O. Und von der Rennstrecke geht es schneller als je zuvor in die Serienmodelle der Zukunft – natürlich elektrisch. Manche hoffen, der Mission R gäbe einen Ausblick auf den Elektro-911er. Zuerst kommen aber 718 Cayman und Boxster als Stromer – hoffentlich schon mit vielen Mission-R-Genen!

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