Corona machte uns zu einem Land der Camperinnen und Camper. Eben noch abonniert auf Ferienflüge, musste die Schweiz umsatteln und erkundete Adria, Lofoten oder den Genfersee. Bisher noch mit meist dieselgetriebenen Campern. Doch so langsam wächst das Interesse daran, auch im Camper rein elektrisch unterwegs zu sein. Das kostet zwar jede Menge Reichweite und erhöht das Gewicht des rollenden Hauses deutlich, dürfte als Trend aber kaum aufzuhalten sein. Während die Autohersteller den schon früh erkannt haben, sieht es bei den ertragsorientierten Umrüstern abgesehen von Insellösungen bisher noch sehr zögerlich aus.
Campingspezialist Knaus hat mit der seriennahen Studie des Knaus E.Power Drive ein erstes Modell vorgestellt, das bald zum Kunden rollen könnte. Während die Motorleistung mit bis zu 245 PS (180 kW) üppig ist, sieht es mit der Reichweite sehr überschaubar aus, denn 90 Kilometer im rein elektrischen Betrieb dürften für den Campingeinsatz in den Ferien kaum Realitätsbezug haben. Wie anderen Anbietern springt bei einem leeren Akkupaket im Unterboden der Reichweitenverlängerer – ein Verbrenner – an. Dieser soll in erster Linie die Fahrbatterie aufladen, kann aber auch direkt Strom an den Antriebsmotor liefern. Gleichzeitig versorgt der Range Extender auch den Wohnbereich des Fahrzeugs mit der nötigen Energie für den Kurztrip.
Einer ist sogar schon lieferbar
Iridium bietet auf Basis des Fiat Ducato ein elektrisches Reisemobil an, das sogar schon lieferbar ist. Der elektrische Antrieb stammt dabei vom schwäbischen Umbauspezialisten Elektrofahrzeuge Stuttgart EFA-S. Die Technik wurde zuvor ähnlich bereits in 200 Lieferfahrzeugen Paketdienstes UPS implantiert, die zuvor mit Dieselantrieben unterwegs waren.
Zwei Nummern kleiner ist Mercedes mit seinem EQV unterwegs. Die Schweizer Firma Sortimo baut die Elektrovariante der V-Klasse mit einem Aufstelldach, Schlafeinheit und einem Küchenmodul für den Kofferraum zum Camper mit Stecker um. Auf den ersten Blick ist der Elektrocamper mit Stern kaum vom Verbrennermodell zu unterscheiden. Auf Wunsch gibt es Aufstelldach mit Dachbett sowie Schlaf- und Kücheneinheit im Heck des EQV. Die Kücheneinheit umfasst Spülmöglichkeit, zwei gasbetriebene Kochfelder, eine Kühlbox sowie Schubladen für Besteck, Kochzubehör und Vorräte. Oberhalb der Kücheneinheit ist das Schlafsystem montiert. Dieses kann mit wenigen Handgriffen zu einer Liegefläche entfaltet werden. Wichtiger denn je ist bei den deutlich schwereren Elektrofahrzeugen der Leichtbau der Campingmodule. Auf dem Dach laden zwei Solarpanels mit 400 Watt Leistung die Starterbatterie als auch den Zusatzakku für den Campingbetrieb. An die Ladesäule muss man natürlich dennoch.
Auch VWs ID.Buzz dürfte zum Camper taugen
Ähnliche Fahrzeuge sind auf Basis von Peugeot e-Traveller oder des Citroën e-Jumper auf dem Markt. Mit einem 70-kWh-Akkupaket liegen beim Kastenwagen knapp 250 Kilometer Reichweite für die 122 PS (90 kW) starke Elektroversion drin. Der kleine Bruder des Citroën e-Spacetourer wird sogar von Vermietern bereits als Reisemobil für zwei Personen angeboten.
Es ist kein Geheimnis mehr, dass der VW ID. Buzz, der kommende Woche seine offizielle Weltpremiere feiert, auch als Campingversion kommen wird und an die Historie der VW Camper anknüpfen soll. Bisher gibts Caddy, Transporter und Crafter als California-Camper nur mit Verbrennern. Eine Elektroversion des VW ID. Buzz wäre ein viertes Modell im Freizeitportfolio. Zum Ende des Jahres wird in Europa jedoch erst die Version mit normalem Radstand ihre Premiere feiern. Die Langversion, speziell für den wichtigen US-Markt interessant, startet erst Anfang 2024. Daher dürfte eine elektrische California-Variante wohl vor 2025 kaum zu bekommen sein.
Campingfans werden in den kommenden Jahren sicher noch deutlich mehr Modellauswahl bekommen. Doch ehe ein realer Markt entsteht und insbesondere die grösseren Camper und Reisemobile mit ernsthaften Reichweiten von mehr als 400 Kilometern anrollen, wird noch einige Zeit ins Land gehen.