Nach dem Aus für den Genfer Salon
Sind die Automessen am Ende?

Die Geneva International Motorshow war die beliebteste Messe der Autobranche – trotzdem wird sie nicht mehr stattfinden. Dabei sind heute Automessen überhaupt nicht zum Scheitern verurteilt – nur müssen die Voraussetzungen stimmen.
Publiziert: 03.06.2024 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2024 um 09:52 Uhr
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Die Geneva International Motorshow ist am Ende (Bild: Absage vor der Corona-Pandemie 2020) – das gaben die Veranstalter in der letzten Woche bekannt.
Foto: imago images/7aktuell
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Die Geneva International Motorshow (GIMS) ist am Ende. Das gab die GIMS-Stiftung in der letzten Woche bekannt. Nach einer Mini-GIMS im Februar sah der Veranstalter keine Chance, die Messe für 2025 wieder deutlich auszubauen. Für viele keine Überraschung: Der Niedergang der Motorshow hatte sich schon vor Corona mit einer schleichenden Abwanderung von Ausstellern angedeutet. Die Pandemie und ihre Folgen gaben ihr dann den Rest.

Aber was bedeutet das für den weltweiten Zirkus der Automessen? Sind die Shows am Ende? Schliesslich galt Genf vielen Branchenexperten aufgrund ihrer Übersichtlichkeit und hohen Ausstellerdichte lange als jene Automesse, die wohl als letzte überleben dürfte.

Internationale Messen stecken in der Krise

Global sind die meisten der einst legendären und bedeutenden Automessen längst ebenfalls unter Druck. Vorbei die Zeiten, als in der japanischen Hauptstadt Tokio im Herbst die verrücktesten Concept Cars enthüllt wurden. Inzwischen bleiben die japanischen Hersteller unter sich und auch Energieversorgung, Gesundheit und Digitalisierung sind hier Themen. In Paris (F) wurden einst die wichtigen Premieren für Europa enthüllt – doch bei der letzten Auflage 2022 brauchte es ein Machtwort von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, um die Stellantis-Marken Peugeot, DS und Jeep an die Messe zu zwingen. Sonst wäre der Renault-Konzern allein auf weiter Flur gewesen.

Weitere Beispiele? Die North American International Auto-Show (NAIAS) in Detroit (US-Bundesstaat Michigan) galt einst mit ihrem Termin im Januar als Kick-Off ins Autojahr, an dem vor allem die US-Konzerne mit Chrom und fetten Motoren brillierten. In der Pandemie geriet sie zur Händler-Leistungsshow mit Probefahrten und wurde in den Sommer verlegt – mit mässigem Erfolg. Im kommenden Jahr kehrt sie wieder auf den Januar-Termin zurück, steht dann aber in Termin-Konkurrenz mit der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, die längst die wichtigere Bühne für Autohersteller bietet.

IAA als Beispiel – und auch wieder nicht

Den grössten Umbruch erlebte allerdings die Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main (D). Über Jahrzehnte türmte hier die deutsche Autoindustrie viele Millionen teure Messestände auf – purer Bombast, begleitet von endlosen Erfolgsmeldungen und Rekordergebnissen. Doch US-Hersteller und japanische Marken blieben zunehmend fern, 2019 überschatteten Demonstrationen von Klimaschützern die Messe. Seit 2021 findet sie nun in München (D) mit neuem Konzept statt. Doch die Fachmesse im Messegelände auf dem alten Flughafen Riem ist, wenn überhaupt, nur für Fachbesucher interessant – Autofans finden dort kaum Anlaufpunkte.

Besser aufgehoben waren sie bei den letzten Ausgaben der IAA in der Münchner Innenstadt: Dort bespielen die Autohersteller gleichzeitig zur Messe mit sogenannten Open Spaces Plätze und Strassen und zeigen an teils aufwendigen Ständen Shows und Autoneuheiten – quasi ein Volksfest mit Autos. Allerdings muss dafür eine Stadtverwaltung auch mitspielen: Auch für Genf hatten die Veranstalter ein ähnliches Konzept angedacht, sahen aber in der chronisch verstopften Metropole am See keine Möglichkeit zur Umsetzung. Genau so könnte aber ein Messekonzept für die Zukunft aussehen: Kommt das Publikum nicht mehr an die Messe, muss die Messe zum Publikum kommen.

Regional statt bombastisch

Sprich: Regional ausstellen statt international protzen. Dieses Konzept funktioniert auch heute schon in der Schweiz. Eine gigantische Show wie einst in Genf ist teuer und aufwendig. Aber mit überschaubaren Kosten für die Aussteller lassen sich weiterhin erfolgreiche Automessen inszenieren – von der Auto Basel bis zur am letzten Wochenende zum zehnten Mal veranstalteten Swiss Classic World in Luzern. Nachdem die Motorradmesse Swiss Moto nach der Trennung der vorherigen Veranstalter inzwischen als Moto Festival nach Bern gezügelt ist, lockte sie im letzten Jahr 40'000 Besucherinnen und Besucher an. Und der Caravan Salon in Bern erzielte im letzten Jahr gar einen Besucherrekord.

Vor allem aber die Auto Zürich (in diesem Jahr vom 6. bis 10. November) zeigt, dass Messen quicklebendig sein können, wenn das Konzept stimmt und Aufwand und Ertrag zusammenpassen. Im letzten Jahr kamen rund 62'000 Besucherinnen und Besucher, um sich die Neuheiten von rund 60 Marken anzuschauen. Kein Gigantismus, sondern Einheitsstände für alle Aussteller, dazu regionale Verankerung und die Möglichkeit, gleich vor Ort auch ein Auto kaufen zu können: Das dürften die Erfolgsfaktoren sein. Automessen sind nicht tot – jedenfalls nicht, solange sie sich bewegen.

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