Kommentar zum Touchscreen-Wahn
Gebt uns unsere Knöpfe zurück!

In neuen Autos verschwinden die letzten handfesten Knöpfe und Schalter zugunsten Touchscreens und Sensortasten. Wer sicher fahren soll, braucht aber bitte Knöpfe – meint BLICK-Autoredaktor Timothy Pfannkuchen (51).
Publiziert: 19.01.2021 um 01:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2021 um 13:44 Uhr
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Schade drum: Der Lichtdrehschalter (hier in einem VW Golf IV) ist seit Jahrzehnten bewährt und absolut bedienungssicher ...
Foto: VW/zVg
Timothy Pfannkuchen

Sind wir nicht alle ein bisschen Tesla? Früher haben wir im Auto blind Licht und Sitzheizung eingeschaltet. Aber seit Tesla seine Autos besonders radikal von Tasten entrümpelt hat (Beispiel: Schiebedach über Touchscreen), sind XL-Touchscreens eben «in». Weil es bedienfreundlicher ist? Nein, weils cool, hip und stylish ist – und wofür uns sonst noch deutsche Worte fehlen.

Noch vor fünf Jahren kam das gut: Die Zahl von Schaltern und Knöpfen war im Auto teils auf über 50 explodiert. Da machte es schlicht null Sinn, auch gleich die prozentuale Heizintensität von Sitzlehne zu -fläche (kein Witz, das gibts) über noch mehr Knöpfe zu lösen. Touchscreens sind cool. Aber alles da drin? Zumal laufend Funktionen hinzukommen. Muss ich wirklich den Tempomaten auf «Eco» oder «Sport» stellen können?

Assistenz wird zur Gefahr

Demnächst werde ich beim Versuch, Spurassistenten abzuschalten, aus der Spur geraten: Auf den letzten kurvigen Kilometern vor daheim greift das Ding dauernd ins Lenkrad. Im Opel Insignia Knopfdruck – Ruhe ist. War bei Hyundai bisher auch so. Im neuen i20? Touchscreen! Klick, klick, wisch, klick, klick – bei 80 Sachen und nach jedem Neustart wieder. Ja, es gibt hier wie anderswo teils natürlich Shortcuts (siehe Bildergalerie) und ein paar Knöpfe. Aber die werden jüngst oft durch Touchflächen ersetzt: drücken und raten, obs geklappt hat.

Schaltersuchen à la VW

Wohin das führt, ist derzeit in allen neuen Volkswagen-Autos am Gegensatz aus gut gemeint und gut gemacht zu besichtigen. Etwa im VW Golf: Manuell Abblendlicht einschalten? Adieu Drehschalter, stattdessen eine (!) Touchfläche. Eine Bodenwelle gleich Stand- statt Abblendlicht. Ja, das Display quittiert sicherheitshalber. Aber das ist nur ein Armutszeugnis für einen Schalter.

Das Touchscreen-Hauptmenü zeigt Sitzheizungs-Symbole. Gut so? Nö: Drückt man, geht erst das Menü dafür auf. Drückt man dort, ist der Screen zu lahm – beim Einschalten ausgeschaltet. Dafür erhöht man, wenn man über die Sensorleiste das Radio leiser stellen will, oft aus Versehen daneben die Innentemperatur. Übrigens: Sind Parksensoren oder Rückfahrkamera aktiv, muss man erst deren Menüfenster schliessen, wenn man die Sitzheizung einschalten will – ausgerechnet am Morgen in der kalten Garage also.

Zurück in die Zukunft

Augen auf die Strasse – wie denn? Autobauer, gebt uns unsere Knöpfe zurück! Nicht alle, aber wesentliche. Druckknöpfe, keinen Touchkram. Was ist falsch an Lautstärke-Drehreglern? Muss man echt einen Unfall plus Busse riskieren – wie einem deutschen Tesla-Fahrer passiert –, weil der Scheibenwischer-Intervall am Touchscreen geregelt werden muss und dessen übermässige Bedienung in Fahrt illegal sein kann? Bitte zurück in die Zukunft, denn sowas nervt uns an modernen Autos richtig.

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