Der Ärger mit dem Reissverschluss
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Darum wird jetzt gebüsst:Der Ärger mit dem Reissverschluss

Verstösse kosten 100 Franken Busse
So hakt der Reissverschluss nicht mehr

Seit Jahren ist das Reissverschluss-Prinzip in der Schweiz Pflicht – trotzdem funktionierts oft nicht. Blick erklärt, warum vermeintliche Vordrängler es richtig machen – und wieso man 100 Franken fürs Blockieren bezahlt.
Publiziert: 04.06.2023 um 05:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.06.2023 um 20:52 Uhr
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Reissverschluss am A1-Gubristtunnel: So ist es richtig: Bis ...
Foto: Timothy Pfannkuchen
Timothy Pfannkuchen

Schon seit 2021 ist in der Schweiz das Reissverschluss-Prinzip Pflicht. Werden zum Beispiel auf Autobahnen zwei Spuren zusammengeführt, gehts wie beim Stricken: Einer fährt von rechts auf die vereinigte Spur, dann einer von links – immer abwechselnd. So bleiben alle im Rollen und wird niemand blockiert. Denn: Zuvor war es an endenden Spuren oder Engstellen «nur» empfohlen. Wer korrekt zur Engstelle vorfuhr, wurde – und wird trotz neuer Regel oft noch immer – als vermeintlicher Vordrängler blockiert, beschimpft, angehupt.

Die Folge: Aus Angst, nicht reingelassen zu werden, scheren viele zu früh auf die durchgehende Spur ein. Fatal für den Verkehrsfluss: Dafür müssen sie kurz bremsen, die Lücke abwarten und dann einscheren. Und machen so aus einer Engstelle gleich mehrere! Der Reissverschluss klemmt, der Verkehrsfluss stockt noch stärker. Gar durch eigentlich freundliche Autofahrer: Wer im stockenden Verkehr mehrere statt einen Einfädler reinlässt, sorgt für mehr Verzögerung.

Spur ganz ausnutzen

So gehts richtig: Im dichten bis stockenden Verkehr die endende Spur bis ganz vorne nutzen, statt sich hinten auf der weiterführenden Spur anzustellen oder früher einzufädeln. So verkürzt man die Länge des Staus um die Hälfte und verhindert Rückstaus. Dann im Wechsel fahren: einer von rechts, einer von links, einer von rechts. Fahrer auf der weiterführenden Spur schaffen bereits zuvor nach und nach passend grosse Lücken für Einfädler – und jene passen sich zum Einfädeln dem Tempo der Lückenschaffenden an. Die Idee: Der Verkehr soll nie zum Stillstand kommen und so der Ziehharmonika-Effekt des ständigen Stopp-&-Gos gemildert werden.

Die richtige Einfädel-Stelle

Wo soll man denn einfädeln? Das Bundesamt für Strassen (Astra) sagt: Das ergibt sich aus Tempo und Verkehr. Bei schnellem Autobahntempo in lichtem Verkehr bitte gewohnt früh und in sicherem Abstand zum Hindernis oder zur Spurreduzierung und keinesfalls bis zum letzten Moment warten. Aber: Bei Schleichtempo im dichten Verkehr bitte erst direkt vor dem Spurende (z.B. Pfeile am Boden oder vor den «Ratterstäben» einer Baustelle) einscheren.

Nein, dann ist man kein Reindrängler. Meist kann man sich aneinander orientieren – und wenn der Rhythmus stimmt, kommt keine der beiden Spuren vollständig zum Halt. Genau das ist das Ziel!

Zeitverlust ist minimal

Wen die vermeintlichen Vordrängler ärgern, der sollte sich selbst am Schopf packen: Man hätte ja selbst die freiere Spur nehmen können. Und wo nicht, kann der andere ja nichts dafür, zufällig auf der «besseren» Spur zu sein. Der eigene Zeitverlust ist gefühlt enorm, in Wirklichkeit aber minimal. Deshalb bitte auch nicht dauernd auf die gerade besser laufende Spur wechseln, wenn es eh schon langsam geht: Jeder unnötige Spurwechsel ist Gift für den Verkehrsfluss.

Reindrücken wird verzeigt

Sehr wichtig: Also hat man seit 2021 quasi das Recht auf eine Lücke? Nein! Der Spurwechsler ist verantwortlich, dass niemand behindert oder gefährdet wird. Im Zweifel muss er warten: Sein gesetzter Blinker ist nur eine Frage, kein Befehl! Neu ist zwar, dass man den Einfädler einscheren lassen muss: Wer keine Lücke schafft, zahlt für das Behindern 100 Franken Busse. Aber: Wer sich mit Gewalt reindrückt, gefährdet und kann darum wie bereits bisher teuer verzeigt werden.

Übrigens: Bei dichtem Verkehr gilt der Reissverschluss auch für die Autobahn-Einfädel-Streifen. Im normalen Verkehr gilt weiter: kein Recht auf Lücke. Weil die Strasse kein Ort für Machtspiele ist – und die neue Regel dazu führen soll, dass wir toleranter sind und am Ende alle zusammen schneller vorankommen.

So läuft der Verkehr flüssiger

Ausser dem korrekt angewendeten Reissverschluss-Prinzip helfen im dichten oder stockenden Verkehr folgende Regeln, um ihn für alle flüssiger zu halten:

  • Gleichmässig mitschwimmen: Im Hinterkopf behalten, dass sich Staus theoretisch auflösen, wenn alle Autos gleichzeitig mit gleich bleibenden Abständen losfahren und die Kolonne nie halten muss.
  • Nicht drängeln: Wer zu dicht auffährt, löst Bremsungen aus. Das verzögert den Verkehrsfluss.
  • Nicht trödeln: Wer vor sich im dichten Verkehr oder Stau eine unnötig grosse Lücke entstehen lässt, verlängert das Ende der Verkehrsstockung um genau die Länge dieser Lücke!
  • Nicht schleichen: Sonst entsteht ein «Propf», hinter dem es weiter hinten staut.
  • Nicht unnötig in der Mitte oder links fahren, sonst sinkt die Verkehrskapazität stark.
  • Nicht dauernd die Spur wechseln, nur um wenige Meter und Sekunden zu gewinnen. Dies fördert viele kleine Verzögerungen, bis daraus der gefährliche Ziehharmonika-Effekt entsteht und wie aus dem Nichts die ganze Kolonne stoppen muss.
  • Warnblinker (alle Blinkregeln hier) nur anschalten, wenn der Verkehr gefährlich verzögert. Sonst pflanzt sich die voreilige Warnung mit Bremsungen und Warnblinkern fort, bis es dadurch stockt.
  • An Unfallstellen nicht gaffen und im stockenden Verkehr die Rettungsgasse (alle Regeln dazu hier) nicht erst bilden, wenn alles steht, sondern bitte gleich, wenn es stockt.
  • Gelassen bleiben: Alle machen mal Fehler, und winziger Zeitgewinn ist keinen Crash wert.

Ausser dem korrekt angewendeten Reissverschluss-Prinzip helfen im dichten oder stockenden Verkehr folgende Regeln, um ihn für alle flüssiger zu halten:

  • Gleichmässig mitschwimmen: Im Hinterkopf behalten, dass sich Staus theoretisch auflösen, wenn alle Autos gleichzeitig mit gleich bleibenden Abständen losfahren und die Kolonne nie halten muss.
  • Nicht drängeln: Wer zu dicht auffährt, löst Bremsungen aus. Das verzögert den Verkehrsfluss.
  • Nicht trödeln: Wer vor sich im dichten Verkehr oder Stau eine unnötig grosse Lücke entstehen lässt, verlängert das Ende der Verkehrsstockung um genau die Länge dieser Lücke!
  • Nicht schleichen: Sonst entsteht ein «Propf», hinter dem es weiter hinten staut.
  • Nicht unnötig in der Mitte oder links fahren, sonst sinkt die Verkehrskapazität stark.
  • Nicht dauernd die Spur wechseln, nur um wenige Meter und Sekunden zu gewinnen. Dies fördert viele kleine Verzögerungen, bis daraus der gefährliche Ziehharmonika-Effekt entsteht und wie aus dem Nichts die ganze Kolonne stoppen muss.
  • Warnblinker (alle Blinkregeln hier) nur anschalten, wenn der Verkehr gefährlich verzögert. Sonst pflanzt sich die voreilige Warnung mit Bremsungen und Warnblinkern fort, bis es dadurch stockt.
  • An Unfallstellen nicht gaffen und im stockenden Verkehr die Rettungsgasse (alle Regeln dazu hier) nicht erst bilden, wenn alles steht, sondern bitte gleich, wenn es stockt.
  • Gelassen bleiben: Alle machen mal Fehler, und winziger Zeitgewinn ist keinen Crash wert.
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