Verkaufszahlen sind nicht alles. Knapp 1,6 Millionen Audi-Auslieferungen im Jahre 2022 klingen alles andere als eindrucksvoll – auch weil die Hauptkonkurrenten BMW und Mercedes im letzten Jahre deutlich mehr verkauften. Dennoch fuhr die VW-Tochter ein Rekordergebnis ein: Trotz Krisen, aber dank voller Auftragsbücher verdiente Audi 7,6 Milliarden Euro – ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zum erfolgreichen Vorjahr 2021.
Mit dem Rekordjahr im Rücken kommen jetzt auch endlich wieder neue Modelle. Zuletzt hatte Audi kaum Modellneuheiten zu verkünden, hatte sich auf mehrere Concept Cars beschränkt. Schmerzlich: Der so wichtige elektrische Mittelklasse-SUV Q6 E-Tron lässt nach wie vor auf sich warten. Er wird derzeit zusammen mit dem Porsche Macan entwickelt und hat rund ein Jahr Rückstand zur ursprünglichen Planung. Umso grösser gerät nun die anstehende Modelloffensive, die auch die Verkaufszahlen wieder an die Zwei-Millionen-Marke heranführen soll. «Bis 2025 werden wir über 20 neue Modelle vorstellen, mehr als zehn davon elektrisch», prophezeit Audi-CEO Markus Duesmann (53). Bis 2027 will er in den wichtigsten Segmenten ein rein elektrisches Modell anbieten. Dazu werde auch ein Einstiegs-Stromer unter dem aktuellen Q4 E-Tron gehören, der auf der mit VW geteilten E-Plattform aufbauen soll.
Grosse Batterien, schnelles Laden
Doch das Geld wird eher in den Klassen darüber verdient und so warten viele auf die neuen Modelle der Mittel- und Oberklasse. Der kommende Q6 E-Tron soll ebenso wie sein technischer Zwilling Porsche Macan mit Akkupaketen von rund 100 Kilowattstunden (kWh) Kapazität unterwegs sein. Dabei setzt Audi wie schon beim aufgefrischten Q8 E-Tron auf prismatische Zellen für höhere Energiedichte auf gleichem Raum. Geladen wird per 800-Volt-Technik, die maximal 270 Kilowatt (kW) Ladeleistung ermöglicht. In weniger als einer halben Stunde soll die Batterie von fünf auf 80 Prozent geladen werden können. Während der kommende elektrische Porsche Macan über Allrad und bis zu 612 PS (460 kW) verfügen soll, dürfte Audis Q6 E-Tron ebenso wie die Coupé-Variante namens Sportback etwas weniger Leistung bieten, um preislich tiefer landen zu können.
Ist der Q6 E-Tron auf dem Markt, wird die gesamte Modellpalette neu geordnet. Stromer rollen künftig mit einer geraden Zahl am Heck an, Verbrenner tragen ungerade Zahlen. Der Nachfolger des aktuellen Audi A4 wird also A5 heissen, die Sportversionen kommen als S5 und RS5. Für die Kundschaft solls so mehr Durchblick im Portfolio geben. Bleibt die Frage, ob der Zusatz E-Tron erhalten bleibt – schliesslich werden langfristig sowieso alle Modelle rein elektrisch. Bei Mercedes soll wohl schon 2024 das EQ-Signet an den Elektromodellen verschwinden.
Bald kommt auch Heckantrieb
Mit der seriennahen Studie A6 Avant E-Tron Concept gab Audi letztes Jahr einen Ausblick auf seine nächste Oberklasse-Generation. Die soll als Verbrenner (A7/S7/RS7) punkten und mit leistungsstarken Elektroversionen neue Massstäbe setzen. Audi-Entwicklungschef Oliver Hoffmann kündigt dazu 800-Volt-Technik, 270 kW Ladeleistung und eine Norm-Reichweite von bis zu 700 Kilometern an. Praktisch: Der variable Innenraum mit umklappbarer Rückbank bleibt wie beim Verbrenner auf der neuen Plattform PPE erhalten. Beim Antrieb gibt es abgesehen vom erstmals verfügbaren Heckantrieb keine besonderen Überraschungen; die meisten Motorvarianten sollten über Allrad verfügen.
Schwach motorisierte Basisversionen gehören der Vergangenheit an und auch die 476 PS (350 kW) der A6-Studie dürften kaum das Ende markieren. Während die Basismodelle in rund sieben Sekunden aus dem Stand bis Tempo 100 spurten, schaffen das die RS-Versionen des A6 als Sportback und Kombimodell Avant in unter vier Sekunden. Ob die Kundschaft schon für die Elektrowende parat ist? Duesmann ist zuversichtlich: «Im Januar und Februar 2023 haben wir weltweit fast 40 Prozent mehr vollelektrische Fahrzeuge ausgeliefert als im Vorjahreszeitraum.»
