Unterwegs im Renault Scenic E-Tech Electric
Deshalb wurde er das Auto des Jahres

Er ist Europas Auto des Jahres 2024: Renaults neuer Scenic E-Tech Electric übernimmt den Namen, aber kein Teil vom Vorgänger. Blick ging auf Testrunde im neuen 620-Kilometer-Stromer.
Publiziert: 27.02.2024 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2024 um 18:36 Uhr
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Früher Familienvan, jetzt Elektro-Crossover: Im Frühjahr 2024 startet die neue Generation des Renault Scenic.
Foto: Dppi
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Bei Renault haben Familienvans neuerdings einen schlechten Stand. Erst mutierte der einstige Vorreiter im Segment namens Espace zum siebenplätzigen SUV. Und jetzt wird aus dem Kompaktvan Scenic ein Elektro-Crossover, der eigentlich mit dem Vorgänger nur noch den Namen gemeinsam hat.

Aber aus Renault-Sicht macht das Sinn: Es bringe nichts, über Jahrzehnte einen Modellnamen als Marke aufzubauen – und ihn dann fallenzulassen, wenn man das Modell elektrifiziert, sagte Renault-CEO Luca de Meo (56) schon vor zwei Jahren, als das Kompaktauto Megane zum Stromer wurde. Deshalb heisst die XXL-Version des Megane nun Scenic nach dem seit 1996 rund 5,3 Millionen Mal verkauften Van. Und offenbar lag de Meo richtig: Der Scenic E-Tech Electric wurde von der internationalen Jury «Car of the Year» gerade zu Europas Auto des Jahres 2024 gewählt.

Mehr Platz für Familien

Der Neue ist der bessere, weil alltagstauglichere Megane. Mit dem teilt er sich die Technik, aber behebt dessen grösste Kritikpunkte: Mehr Platz und vor allem Kopffreiheit im Fond, mehr Laderaum und höhere Ladeleistung von neu 150 Kilowatt (kW). Während der Megane E-Tech Electric eher auf Singles und Paare abzielte, wird der Scenic E-Tech Electric so zum echten Familienstromer.

Zum Start kommt er mit einer Batterie im Unterboden mit 87 Kilowattstunden (kWh) Nettokapazität für rund 620 Kilometer Reichweite: «Zwei Stunden fahren bei Autobahntempo, dann 30 Minuten Ladepause», sagt Renault-Markenchef Fabrice Cambolive – mit Kindern im Auto mache man dann sowieso eine Ladepause. Von 15 auf 80 Prozent lädt der Scenic am Schnelllader innert 38 Minuten.

Leichtfüssiger als erwartet

Den Antrieb übernimmt ein 218 PS (160 kW) starker Motor ohne sogenannte Seltene Erden an der Vorderachse; eine 170-PS-Version mit kleinerer Batterie und 425 Kilometern Reichweite soll später folgen. Und wie fährt der Scenic? Viel leichtfüssiger, als man dem 4,47 Meter langen Fünfplätzer äusserlich zutrauen würde. Keine Brachial-Beschleunigung wie bei manch anderem Stromer, aber der Scenic tritt flott an und bleibt dabei sehr leise – auch weil man das künstlich generierte Fahrgeräusch abschalten kann. Die Lenkung agiert präzise, Kurvenzirkeln klappt dynamischer, als es den Passagieren lieb sein dürfte und der Crossover drängt kaum zum Kurvenausgang. Der Grund dürfte im vergleichsweise geringen Gewicht liegen: Der Scenic wiegt über 300 Kilogramm weniger als zum Beispiel der nur leicht längere Peugeot e-3008.

Renault Scenic E-Tech Electric

Antrieb: Elektromotor, 218 PS (160 kW), 300 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Akku netto 87,0 kWh, Ladeleistung AC/DC 22/150 kW
Fahrleistungen: 0–100 km/h 8,4 s, Spitze 170 km/h
Masse: L/B/H 4,47/1,86/1,57 m, Leergewicht 1842 kg, Kofferraum 545 bis 1670 l
Verbrauch: WLTP 16,8 kWh/100 km, ca. 620 km Reichweite, CO₂-Ausstoss 0 g/km, Energie k.A.
Preis: ab 43'700 Franken

Antrieb: Elektromotor, 218 PS (160 kW), 300 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Akku netto 87,0 kWh, Ladeleistung AC/DC 22/150 kW
Fahrleistungen: 0–100 km/h 8,4 s, Spitze 170 km/h
Masse: L/B/H 4,47/1,86/1,57 m, Leergewicht 1842 kg, Kofferraum 545 bis 1670 l
Verbrauch: WLTP 16,8 kWh/100 km, ca. 620 km Reichweite, CO₂-Ausstoss 0 g/km, Energie k.A.
Preis: ab 43'700 Franken

Das merkt man auch beim Verbrauch: Auf einer flott gefahrenen Testrunde in Nord-Dänemark lagen wir bei 18,8 kWh auf 100 Kilometern. Das sind zwar zwei Kilowattstunden mehr als die Werksangabe, aber ist absolut akzeptabel für ein Auto dieser Grösse. Pluspunkt beim Wiederaufladen ist die hohe Ladeleistung an Wechselstromladern, wie sie oft in Innenstädten zu finden sind, und die auch viele heimische Wallboxen schaffen: Laden mit 22 Kilowatt beherrschen noch nicht viele Stromer. Strom zum Heizen braucht der Scenic nicht, dafür sorgt serienmässig eine Wärmepumpe.

Mehr Platz, mehr Licht

«Poppig», nennt Chefdesigner Gilles Vidal (51) seine Idee fürs Scenic-Design: Deshalb gibts Tagfahrlichter in Form des Renault-Logos, exzentrische Felgen, die dank optimaler Aerodynamik den Verbrauch senken sollen und knallige Farben. Vorne sitze man vergleichsweise tief trotz 14 Zentimeter Batteriehöhe, hinten sind die Rücksitze wie im Kino höher montiert. Trotz vier Zentimetern weniger Höhe als beim Vorgänger bleibt deutlich mehr Platz für die Köpfe als im Megane E-Tech-Electric. Ganz eben wird der Ladeboden bei umgeklappten Rücksitzen nicht, aber bietet mit 545 bis 1670 Litern Volumen familientaugliche Masse. Schade: Auch Renault hat noch keine richtig gute Idee fürs Ladekabel – es steckt in einem Fach unter dem Kofferraumboden.

Das Cockpit kennt man schon aus dem Megane inklusive des hochkant stehenden Touchscreens fürs Infotainment. Gewöhnungsbedürftig ist das digitale Bild im Innenspiegel, das nicht ganz der gewohnten Perspektive entspricht. Beim Raumgefühl hilft das grosse Panorama-Glasdach, das statt per schwerer mechanischer Sonnenblende elektronisch undurchsichtig wird: Polymer-Flüssigkristalle reagieren auf eine angelegte Stromspannung und lassen auf Tastendruck das Dach milchig werden. Ob so auch die Sommersonnen-Hitze abgehalten wird, wird noch zu testen sein.

Einstieg in die Kreislaufwirtschaft

Den grössten Schritt macht Renault aber bei den Materialien dank Einstieg in die Kreislaufwirtschaft. Beispiele: Rund 40 Prozent des Alus im Auto sind wiederverwertet, im Interieur stecken 40 Kilogramm Recycling-Plastik, im Lenkrad je zu einem Viertel Bio-PVC und natürliche Wolle. Und das Interieur wird vegan dank Recycling-Stoffen von Zulieferer Kvadrat (produziert unter anderem auch für die Edelmarken Jaguar und Land Rover). Künftig sollen vor allem Nickel, Kobalt und Lithium wiederverwertet werden – doch derzeit gibt es noch zu wenige ausgemusterte E-Auto-Batterien, als dass ein signifikanter Anteil rezykliert werden könnte.

Marktstart des neuen Renault Scenic E-Tech Electric soll im Frühjahr sein. Die Preise starten bei 43'700 Franken – also 3700 Franken über dem des Megane E-Tech Electric.

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