Die Renault-Managerinnen und Manager können es noch so schönreden: Mit den praktischen Espace-Vans der ersten vier Generationen hat die jetzt startende sechste Generation kaum mehr Gemeinsamkeiten. Konnte man den praktischen Van früher mit wenigen Handgriffen vom Sieben- zum Zweisitzer umbauen, Rücksitze drehen und bis zu vier Mountainbikes verstauen – geht das beim neuesten Espace alles nicht mehr.
Der Grund ist simpel: der neue Espace ist kein Van mehr, sondern ein SUV. Einfacher gesagt: ein etwas längerer Renault Austral, mit dem er sich auch Plattform und Technik teilt. Allerdings wird der neue Espace seiner Bezeichnung (Raum) dennoch gerecht. Trotz 14 Zentimeter kürzerer Karosserie (4,72 m) bietet der dadurch handlichere neue Espace einen grösseren Fahrgastraum als sein Vorgänger der fünften Generation.
Viel Platz in der zweiten Reihe
Vor allem Passagiere in der zweiten Sitzreihe profitieren von einem komfortablen Platzangebot. Als kleine Reminiszenz an frühere Espace lässt sich die Rückbank längs um 26 Zentimeter verschieben und die Lehnen um 30 Grad verstellen. So fühlt man sich im Espace mit bis zu 32 Zentimetern Kniefreiheit auch in der zweiten Reihe als Firstclass-Passagier – erst recht, wenn man den freien Mittelsitz als praktische Mittelarmlehne mit integrierten Becherhaltern nutzt.
Den neuen Espace gibts als Fünf-, oder zum gleichen Preis auch mit zwei zusätzlichen, versenkbaren Notsitzen als Siebensitzer. Allerdings schrumpft das Kofferraum-Volumen dann auf noch 159 Liter (mit umgeklappten Sitzen maximal 1714 l, Fünfsitzer 1818 l) und die Ladefläche ist relativ hoch. Zudem sind die zwei Sitze in Reihe drei nur schwer zu erreichen und für längere Fahrten höchstens Kindern zuzumuten. Dennoch: Ohne Aufpreis für viele Kundinnen und Kunden wohl eine praktische Option.
Nur eine Antriebsvariante
Als Downsizing-Massnahme und mit Blick auf eine möglichst gute CO₂-Bilanz gibts den Espace nur noch mit einer Antriebsvariante. Ein Dreizylinder-Benziner mit 1,2 Litern Hubraum (definiert an sich schon Downsizing). Denn das kleine Aggregat leistet 131 PS, was für ein Grossraum-SUV wie den Espace mit einem Gewicht von knapp 1700 Kilogramm (215 Kilo weniger als der Vorgänger) nicht viel ist. Deshalb wird der kleine Benziner durch ein Hybrid-Modul unterstützt, das zum Beispiel auch im Renault Arkana zum Einsatz kommt. Für den grösseren Espace gibts allerdings zwei stärkere Elektromotoren. Die Haupt-E-Maschine trägt 68 PS (50 kW) zum Vortrieb bei, der Starter-Generator weitere 25 PS (18 kW). Total ergibt das eine Systemleistung von 199 PS und ein maximales Drehmoment von 230 Nm (0-100 km/h in 8,8 s, 174 km/h Spitze).
Das Motoren-Trio nutzt ein Prinzip, das dem des Antriebs der Alpine-F1-Boliden gleicht. Die zentrale Schnittstelle des Antriebsstrangs ist das sogenannte DogBox-Getriebe, das mit seiner Charakteristik einer CVT-Automatik ähnelt. Der verhältnismässig starke Starter-Generator bietet stets die ideale Drehzahl, um die fehlende Synchronisation auszugleichen. Das Getriebe bietet laut Renault inklusive Leerlauf 15 Fahrstufenkombinationen und soll so immer die richtige Antwort auf die jeweilige Fahrsituation parat haben. Soll, denn bei unserer Testfahrt schien sich das Getriebe nicht immer sicher über die ideale Situation – und schaltete für uns oft willkürlich und nicht nachvollziehbar einen Gang hoch oder runter.
Möglichst oft elektrisch fahren
Da die Batterie mit nur zwei Kilowattstunden (1,7 kWh netto) kein Energiespeichermonster ist, gehts nicht darum, möglichst weit rein elektrisch zu fahren, sondern möglichst oft. Darauf zielen auch die laufenden Verbesserungen des Antriebsstrangs ab. Und tatsächlich: Selbst auf der Autobahn bei Tempo 120 und auf den kurvenreichen Landstrassen rund um Porto waren wir erstaunlich oft mit abgekoppeltem Verbrenner rein elektrisch unterwegs. Die von Renault in Aussicht gestellten 4,9 l/100 km Verbrauch schafften wir aber dennoch nicht. Doch die von uns ermittelten knapp sechs Liter finden wir für einen Siebensitzer mit Hinterachslenkung immer noch formidabel.
Bis 10'000 Franken günstiger
Formidabel sind auch die Preise für den neuen Espace. Die ab Spätsommer startende Basisvariante Techno ist mit 44'300 Franken rund 5000 Franken günstiger als das vergleichbare Vorgängermodell. Und das neue Topmodell Ionic ist mit 49'100 Franken fast 10'000 Franken günstiger als das bisherige Espace-Topmodell. Das ist schon mal eine Ansage, zumal es dafür nicht weniger als 32 Assistenzsysteme gibt. Einzig 4x4 ist für den Espace, auch zum grossen Bedauern von Renault-Schweiz-Chefin Claudia Meyer, nicht erhältlich. Dennoch hofft sie, dass der neue SUV die zuletzt eingeschlafenen Espace-Verkäufe in der Schweiz wieder mächtig anheizen wird.