Ist das der Stromer für Familien?
1:19
Neuer Mercedes EQB:Ist das der Stromer für Familien?

Erste Fahrt im neuen Mercedes EQB
Ist das der Stromer für Familien?

Elektroautos punkten gerne mit heissem Design, mit irrer Leistung oder Mega-Reichweite – oft zu entsprechenden Preisen. Beim neuen EQB guckt Mercedes dagegen vor allem auf die Vernunft. Und baut was ein, was sonst nur Tesla hat.
Publiziert: 16.11.2021 um 04:35 Uhr
|
Aktualisiert: 10.03.2022 um 14:20 Uhr
1/24
Ist das der Stromer für Familien? Ausgerechnet die Nobelmarke Mercedes bietet jetzt sieben Sitze mit Batterie und vier Rädern an.
Foto: Daimler
Andreas Faust

Fussball-Mums und Handball-Dads haben es nicht so mit der Elektromobilität. Wenn samstags eine halbe Jugendmannschaft zu Training oder Turnier gekarrt werden muss, müssen die allermeisten E-Autos passen. Es sei denn, es steht ein siebenplätziges Tesla Model X für bloss 120'000 Franken in der Garage.

Schon überraschend, dass ausgerechnet die Nobelmarke Mercedes jetzt sieben Sitze mit Batterie und vier Rädern anbietet. Der EQB ist gewissermassen ein Anti-Mercedes: Keine Pinguin-Aerodynamik wie beim EQS, sondern er steht aufrecht und irgendwie kantig im Wind. Kein mit Bildschirmen gepflasterter Innenraum – der EQB schaut drinnen erfrischend normal und gemütlich aus. Und statt einer schweren Riesenbatterie gibt es zum Start einen mittelgrossen Akku mit 66,5 kWh für 419 Kilometer. Zu wenig? Fahren Sie mal 400 Kilometer mit zwei Kindern ohne Pause durch.

Properes Interieur

Optisch ist der EQB den Verbrenner-Versionen namens GLB wie aus dem Gesicht geschnitten – bis auf die voll verkleidete Front und das fehlende Endrohr. Und cool, dass er ans Design des Charakter-Benz GLK anknüpft. Drinnen merkt man nur an den Instrumenten und an farbigen Einsätzen in den Lüftern den Unterschied. Roségold heisst deren Farbe – ist aber auch nur Plastik. Trotzdem wirkt der EQB innen fast hochwertiger als manche Benz-Neuheit der letzten Zeit. Wenn es nur die beiden kleinen Screens für Cockpit und Infotainment gibt, muss man sich beim Material halt Mühe geben, statt alles hinter Bildschirmen zu verstecken.

Platz gibt es satt, die Sitzposition ist fürstlich hoch. Bis zu 1710 Liter Laderaum punkten bei umgelegten Rücksitzlehnen – oder fast Null, stellt man die optionale dritte Sitzreihe auf. «Die ist wirklich nur für unter 165 Zentimeter Körpergrösse ausgelegt», sagt EQB-Chefentwickler Axel Heix. Trotzdem würden seine Jungs und ihre Mannschaftskollegen immer um die Plätze in der letzten Reihe streiten. Ausserdem ist es sehr licht im Interieur dank der Höhe.

Allrad zum Zuschalten

Technisch teilt sich der EQB alles mit dem Lifestyle-SUV EQA. Zum Bestellstart am 24. November stehen zunächst zwei Allradversionen mit je einem Motor je Achse und 228 oder 292 PS da. Bisschen viel für eine Familienkutsche? Nein, weil die Vorderachse nur bei Bedarf zugeschaltet wird und sonst ohne Reibung oder elektrischen Widerstand einfach mitläuft.

Mercedes EQB

Antrieb: 2 Elektromotoren, 228 PS (168 kW) oder 292 PS (215 kW), Ein-Gang-Automat, Allrad, Batterie 66,5 kWh (netto), Reichweite 419 km.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 6,2 oder 8,0 s, Spitze je 160 km/h (abgeregelt).
Masse: L/B/H 4,68/1,83/1,70 m, Gewicht 2175 kg, Laderaum 495–1710 l.
Umwelt: WLTP 18,1 kWh/100 km (entspricht ca. 2,0 l/100 km Benzin), 0 g/km CO2 (lokal).
Preis: noch nicht bekannt.

Antrieb: 2 Elektromotoren, 228 PS (168 kW) oder 292 PS (215 kW), Ein-Gang-Automat, Allrad, Batterie 66,5 kWh (netto), Reichweite 419 km.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 6,2 oder 8,0 s, Spitze je 160 km/h (abgeregelt).
Masse: L/B/H 4,68/1,83/1,70 m, Gewicht 2175 kg, Laderaum 495–1710 l.
Umwelt: WLTP 18,1 kWh/100 km (entspricht ca. 2,0 l/100 km Benzin), 0 g/km CO2 (lokal).
Preis: noch nicht bekannt.

Beide schaffen 419 Kilometer und können 100 kW am Schnellader. Ziemlich wenig. «Aber wir schaffen es, sie konstant über einen langen Ladezeitraum zu halten», sagt Heix. «Was würden Ladeleistungen von 350 Kilowatt nützen, wenn man sie nur ganz kurz erreichen kann?» Natürlich drückt der schwächere Lader auch die Kosten. Nach 15 Minuten ist Energie für 150 Kilometer im Akku, von zehn auf 80 Prozent geht es in 32 Minuten. Das reicht so gerade für Pommes, Cola und WC. Ausserdem werde die Routenplanung mit Ladezwischenstopps immer besser, sagt Heix – weil mit jedem neuen Mercedes-Stromer mehr Daten zur Optimierung in die Benz-Zentrale flössen.

Fronttriebler wird der Günstigste

Mit vornehmlich Heckantrieb schwingt sich der EQB geschmeidig durch die Kurven. Der «Eco»-Modus bremst zwar das Gaspedal, aber nicht die Leistung ein – wer durchtritt, hat volle Überhol-Power. Auf der deutschen Autobahn geht auf unserer Testfahrt «oben» bald die Luft aus – die 160 km/h Spitze brauchen Anlauf. Aber daheim in der Schweiz spielt das eh keine Rolle.

Entspannt zu fahren, properes Interieur, lässige Optik ohne Extravaganz – passt. Und der Preis? Der steht erst Ende November fest. Für den Top-Allradler EQB 350 werden geschätzt wohl rund 60'000 Franken fällig. Aber wenn der Siebenplätzer im Februar 2022 zum Händler rollt, gibt es auch einen reinen Fronttriebler namens EQB 250. Der dürfte deutlich darunter bleiben.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?