Es gibt Autos, da klappt Autofans einfach die Kinnlade herunter. Der Lamborghini Countach (1974–1990) war und ist so eins. Der Traumwagen der 1970er-Jahre hing damals als Posterheld in Bubenzimmern. Noch heute sieht dieser Supersportwagen-Urahn aus wie Science-Fiction. Es gehen einem beinahe die Ausrufezeichen aus: Scherentüren! Zwölfzylinder!! Was für ein geiler Keil!!!
Jetzt wird der Traum wahr von der Wiedergeburt des Countach (bitte, bitte nicht englisch als «Kauntätsch» aussprechen – man sagt «Kuntatsch»). Nicht als nie in Serie gehende Designstudie. Ja, in Serie! Naja, in Kleinserie: Nachdem der neue Countach LPI 800-4 an diesem Wochenende am hochkarätigen Auto-Event «The Quail» in Kalifornien (USA) enthüllt wurde, gibts genau 112 Stück ab dem ersten Quartal 2022.
Als wäre er nie gegangen
«Der Countach LPI 800-4 ist eine Hommage an das Lamborghini-Erbe, aber kein Rückblick», betont Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann (56). «Er stellt dar, wie sich der legendäre Countach zu einem Elite-Supersport-Modell dieses Jahrzehnts hätte entwickeln können.» Das Design ist eine sehr gelungene Neuinterpretation. Scherentüren sind da, dreiteilige Rücklichter, Wählscheiben-Felgen – und kein Heckflügel: Der Heckspoiler fährt in drei Positionen hoch.
Darunter steckt Hybridtechnik des Sián. Der 6,5-Liter-V12-Sauger mit 780 PS (574 kW@8500/min) und 720 Nm bei 6750/min sowie das 48-Volt-Elektromodul mit 34 PS (25 kW) und 35 Nm ergeben 814 PS (599 kW). So stürmt der trocken 1595 Kilo schwere 4x4 per Sieben-Gang-Schaltautomat in 2,8 Sekunden auf 100, in 8,6 Sekunden auf 200 km/h und bis 355 km/h. Aus 100 km/h 30 Meter zum Stopp. Und der Mildhybrid-Akku? Nicht Li-Io, sondern Superkondensator.
Fast 2,30 Meter Breite
Vermuten darf man angesichts hinten verbautem V12 und ebenfalls dort seine Kraft abgebendem E-Motörchen, dass sich der mit 57 Gewichtsprozenten hinten hecklastige Countach LPI 800-4 fährt wie von der Formel 1 gestochen. Ohnehin sind alle Zahlen der schiere Irrwitz: Dieses Katapult aus über einen Alurahmen gestülptem Karbon-Monocoque ist 4,87 Meter lang, 2,10 (mit Spiegeln gar 2,27!) Meter breit und 1,14 Meter flach. Pneus (v./h.): 255/30 ZR20 und 355/25 ZR21.
Ausser verschiedenen Fahrmodi erfreuen die erlesenen Kunden eine Hinterachs-Lenkung und ein im teils rechteckig retro-gestylten Cockpit verbauter 8,4-Zoll-Touchscreen sowie Retro-Lackfarben: Sogar Lila ist im Angebot. Manchmal ist Fortschritt freilich halt zweifelhaft: Drückt man den Knopf «Stile» (dt. «Design»), erklärt der Countach Schaulustigen selbst seine Designphilosophie. Echt jetzt?
Preis offen, aber immens
Aber egal. Ja, dies ist ein würdiger Nachfolger. Schade, ist er limitiert – aber es gibt ja Denkbarkeiten wie einen späteren Roadster (auch der Sián kam ja offen). Und der wie die Verbrauchswerte noch offene Preis dürfte viele Millionärsbudgets sprengen. Blick tippt auf zwei Millionen Euro. Aber spielt das eine Rolle? Kaufen konnten wir den Countach eh nie. Aber jetzt dürfen wir wieder von ihm träumen.