Jetzt schlägt der Blitz in Sant'Agata Bolognese ein. Denn auch der in der kleinen italienischen Gemeinde bei Bologna ansässige und bekannte Sportwagenbauer rüstet sich jetzt für die Elektromobilität: Lamborghini! Bisher ist die Marke mit dem Stier im Logo für ihre kompromisslosen V10- und V12-Saugmotoren mit hohen Drehzahlen bekannt. Diese brüllen derzeit noch schamlos aus den Endrohren. Doch die Zeiten ändern sich und die Frage, wie es mit der Traditionsmarke weitergehen soll, hat in den letzten Jahren zur Stagnation auf hohem Niveau geführt.
Seit dem Power-SUV Urus 2018 betrieben die Italiener sozusagen Mythenpflege mit Auffrischungen oder noch extremeren Sportversionen. Ja, es gab den Hybrid-Supersportler Sián, doch die gut 80 limitierten Exemplare waren schon an Sammler vergeben, bevor das Auto überhaupt vorgestellt worden war. Ein grünes Feigenblatt fürs Image von Lamborghini.
Tradition trifft Innovation
Jetzt ist es den Italienern aber ernst mit der Elektrifizierung. Gezwungenermassen, wie Lambo-Chef Stephan Winkelmann zwischen den Zeilen eingesteht: «Die Elektrifizierungsstrategie von Lamborghini stellt einen Kurswechsel dar, der durch einen radikal veränderten Kontext bedingt ist.» Dabei will die Traditionsmarke ihren Wurzeln treu bleiben. «Lamborghini steht seit jeher für höchstes technologisches Knowhow in der Fertigung von Motoren mit herausragender Performance: Dies wird auch in Zukunft oberste Priorität in der Innovationsentwicklung haben.»
Doch bis zum ersten Stier-Modell mit Stecker dauert es noch zwei Jahre. 2023 kommt ein Plug-in-Hybridantrieb, wahrscheinlich im Urus. Als Technikbruder des Audi RS Q8 ist die nötige Technik im Mutterkonzern Volkswagen sowieso schon vorhanden und schnell adaptiert. Bis Ende 2024 sollen aber auch die Supersportwagen Huracan und Aventador als Hybrid-Versionen erhältlich sein.
Jagt auf die Neulinge
Beim etwas in die Jahre gekommenen Aushängeschild Aventador gibts bereits Ideen, wie die Elektrifizierung beim überfälligen Nachfolger aussehen könnte: Neben Karbon-Chassis und martialischem Design soll es eine elektrisch angetriebene Vorderachse und weiterhin einen brüllenden V12-Sauger als Mittelmotor geben. Neben Allrad dürfte der Hybrid-Sportler so auf über 1000 PS kommen. Dringend nötig, wenn sich Lamborghini nicht von aufstrebenden Elektromarken wie Rimac mit ihrem über 2000 PS starken Boliden den Schneid abkaufen lassen will.
Um aber gleichziehen zu können, braucht Lamborghini einen Elektrosportler. Der soll in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts, sprich bis spätestens 2030, auf die Strasse kommen. Dafür gibt Winkelmann gleich grosse Ziele vor: «Wir wollen bei der Elektrifizierung nicht die Ersten sein. Wir müssen die Besten sein!» Wie der Elektro-Lambo aussehen könnte, ist noch offen. Erste Gerüchte vermuten einen 2+2-Sitzer nach Vorbild des einstigen Lamborghini Espada von 1968. Denn je grösser das Auto, umso mehr Platz gibt es für die nötige grosse Batterie.
Wie bei den Plug-ins dürfte die Technik aus Deutschland kommen, genauer gesagt: aus Zuffenhausen. Der italienische Stromer dürfte wohl stark von der Entwicklung des Porsche Taycan profitieren. Und das darf auch etwas kosten. In den nächsten vier Jahren investiert Lamborghini umgerechnet fast 1,7 Milliarden Franken in die neue Elektro-Strategie. Die grösste Investition in der Geschichte der Marke.