Das meint BLICK: Ladesäulen-Betreiber lassen uns im Regen stehen
Nasse Haare, kalte Finger

Benzin und Diesel kann man trocken unter einem Dach tanken. Stromfahrern tropft dagegen beim Laden das Wasser in den Kragen. Selbst Beleuchtung gibts oft kaum. Muss das sein?
Publiziert: 16.02.2021 um 13:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2021 um 10:15 Uhr
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Schnellladen ist gut, aber unter Dach und beleuchtet wäre es noch besser, findet BLICK-Autochef Andreas Faust.
Foto: Paul Seewer
Andreas Faust

Rettung auf den letzten Drücker: Mit Saft für noch knapp 25 Kilometer in der Batterie rollt unser Dauertest-Stromer Porsche Taycan an die Tessiner Raststätte Bellinzona Nord. Eine ganze Phalanx von Ionity-Schnellladern wartet auf uns – und alle sind frei. Trotzdem erstmal ein tiefer Seufzer: Es schüttet wie aus Kübeln.

Mega-Ladesäulen mit mehr Leistung, als der E-Porsche vertragen kann – aber für ein Dach hats wohl nicht mehr gereicht. Drüben an der Tankstelle stehen die Erdöl-Verbrenner unterm hell erleuchteten Dach, deren Fahrer lässig im T-Shirt mit der Zapfpistole in der Hand. Mir läuft im Halbdunkel das Wasser in den Kragen. Ladekarte rausfummeln; verstehen, ob man erst stöpseln oder erst die Karte vorzeigen muss; dann einstecken, kurz warten und ein Kontrollblick aufs Display, ob es auch wirklich lädt. Danach bin ich nass bis auf die Haut.

Kratzen mit klammen Fingern

Immerhin war da noch Sommer. Jetzt, im Winter, schabt man erst mal zwanzig Zentimeter Schnee vom Ladestecker, kratzt das halb zugefrorene Display frei und zittert dann klammfingrig mit der Ladekarte am Kartenleser herum. Dicke Kabel sind bei Schnee und Eis noch störrischer beim Einstöpseln. Danach stapft man zur «normalen» Tankstelle ganz drüben am anderen Ende der Raststätte, weil man sich dort unterstellen kann und es in Nicht-Corona-Zeiten sogar Kaffee und einen Stuhl gäbe. Alternative: Man könnte natürlich auch im Auto sitzen bleiben und zugucken, wie langsam die Scheiben zuschneien.

Liebe Schweizer Ladesäulen-Betreiber: Klar freuen wir uns im Prinzip über jeden neuen Schnelllader, weil ein dichtes Ladenetz Elektro-Fahrer auf Langstrecken viel gelassener macht. Aber für Minimallösungen ohne Dach und oft sogar auch ohne ausreichendes Licht gibts leider null Applaus. Wer mit kalten Füssen laden muss, dem steigt die Wuthitze in den Kopf – auf das Gesamtsystem E-Mobilität.

Auch Stromer wollen ein Dach

Dabei würden sich die Franken fürs Dach, einen seitlichen Regenschutz und Licht sogar langfristig bezahlt machen. Schliesslich tankt man auch lieber an taghellen Grosstankstellen als an der dieselschmierigen Uralt-Säule hinterm Dorfladen. Aber solange Benzinzapfer und Dieseltanker nur mitleidig zur klatschnassen und finsteren Ladesäule hinüberschauen, werden sie kaum Lust darauf bekommen, den Verbrenner gegen einen Stromer einzutauschen.

Übrigens: Wenn man Lenkräder beheizen kann, sollte das doch auch bei öffentlichen Ladesteckern klappen. Oder nicht?

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