Containerschiff im Suezkanal ist frei!
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Crew feiert mit Hupkonzert:Containerschiff im Suezkanal ist frei!

Unfallzahlen auf hoher See
Je gigantischer, desto gefährlicher

Noch nie war die internationale Seeschifffahrt so sicher – mit einer Ausnahme: Der Gigantismus der Containerfrachter wird zum Problem. Unfälle werden wahrscheinlicher und viel teurer. Und auch die Corona-Schiffsstaus bereiten Sorgen.
Publiziert: 10.08.2021 um 16:04 Uhr
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Gigantismus: Die «Ever Given», die im Frühjahr den Suezkanal blockierte, fasst bis zu 20'000 Container der 20-Fuss-Klasse.
Foto: DUKAS
Timothy Pfannkuchen

Von Autounfall-Statistiken oder Flugunfall-Analysen liest man dauernd. Aber wie sicher ist die globale Schifffahrt? Jährlich analysiert der Schiffsversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) dies in einer Studie für Schiffe ab 100 Bruttoregistertonnen. Fazit diesmal: Noch nie war die Schifffahrt so sicher, 2020 gab es weltweit 49 Totalverluste. Einer mehr als 2019, aber die zweittiefste Zahl seit 2000. Binnen zehn Jahren sanken die Unfallzahlen um zehn Prozent.

Jeder zweite Totalschaden war 2020 ein Untergang, zu einem Drittel Frachter. Gehen die verloren, dann in einem Drittel der Fälle in den Regionen Südchina, Indochina, Indonesien und Philippinen. Die Zahl sonstiger Schiffsunfälle sank 2020 zu 2019 um vier Prozent auf 2703. In vier von zehn Fällen ist übrigens ein Maschinenausfall (der z.B. zum Auflaufen oder zu Kollisionen führt) schuld.

Teure Staus durch Corona

Trotz sinkenden Absätzen zum Beispiel auf Automärkten durch Corona geht es der Reedereibranche in der Handelsschifffahrt besser als anfangs befürchtet. Das Seehandels-Volumen könne 2021 gar 2019 übertreffen, vermeldet die Studie. Unproblematisch ist die Pandemie aber nicht: Verzögerungen in Häfen sorgen für Staus. Im Juni warteten weltweit 300 Frachter auf Hafeneinfahrt.

Kostentechnisch fatal: Im Hafen liegen Containerschiffe nun doppelt so lange. Im Frühjahr waren geschätzte 200'000 Seeleute wegen Corona auf Schiffen gestrandet. Auch werden Maschinenschäden immer teurer wegen komplexerer Technik, weil Corona-bedingt Ersatzteile fehlen oder Fachleute nicht kommen.

Gefährlicher Grössenwahn

Die einen Stau aus fast 400 Schiffen auslösende Blockade des Suezkanals im Frühjahr durch den Container-Riesen «Ever Given» weist laut AGCS aber auf ein neues Sicherheits- und Kostenproblem hin: Die Schiffe wachsen zwecks Kosteneinsparung immer weiter. Immer häufiger sind Megafrachter jetzt in Zwischenfälle involviert. Noch in den 1990er-Jahren galt eine Grösse von 10'000 TEU – das Rechenmass der Branche, ein TEU entspricht einem 20-Fuss-Standardcontainer – als ferne Zukunft. Heute sind 20'000 TEU (z.B. «Ever Given») als Mass der Dinge und erste 24'000-TEU-Schiffe unterwegs.

Nur: Je grösser, desto gefährlicher. «Grössere Schiffe bedeuten besondere Risiken. Die Reaktion auf Zwischenfälle ist komplexer und teurer», sagt dazu Anastasios Leonburg, Senior Marine Risk Consultant bei AGCS: «Die Zufahrtskanäle zu bestehenden Häfen wurden zwar tiefer ausgebaggert und die Liegeplätze und Kaianlagen erweitert, aber die Gesamtgrösse der Häfen ist gleich. Infolgedessen kann ein Versehen häufiger zu einem Unfall werden.»

Millionenschäden pro Minute

Wie immens die Folgekosten einer Havarie sind, zeigt die «Ever Given»: Dem Suezkanal entgingen 14 Millionen Franken Gebühren am Tag – und der grosse Versicherungsmarkt Lloyd's errechnete über sechs Millionen Franken an durch die Blockade nicht abgesetzter Handelsware – pro Minute! Hätte man den Pott nicht flottbekommen, hätten man 18'000 Container entladen müssen. Als 2019 die «Golden Ray» mit 4000 Neuwagen darauf vor den USA kenterte, dauerte die Bergung eineinhalb Jahre und kostete hunderte Millionen von US-Dollar.

Die «Ever Given» zeigte auch, wie empfindlich die Lieferketten in Zeiten der Globalisierung sind. Und nicht nur die sind ein Problem. Auch die Reeder sind heute damit konfrontiert, dass wegen des Klimawandels die Umweltauflagen schnell immer strenger werden. Und 2020 wurden im Piraterie-Hotspot Golf von Guinea 22 Angriffe registriert. Tendenz steigend, weil die Piraten sich heute Frachter bis 400 Kilometer von der Küste entfernt schnappen. Die AGCS befürchtet, dass die wirtschaftlichen Pandemie-Folgen dies noch verschärfen.

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