Schweizer Unfallzahlen im Welt-Vergleich
Wie sicher fährt die Schweiz?

So positiv kann ein Negativrekord sein: Letztes Jahr starben auf Schweizer Strassen erstmals weniger als 200 Menschen. Aber wie steht die Schweiz damit im Vergleich zu anderen Ländern da?
Publiziert: 01.04.2020 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2020 um 15:44 Uhr
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Positive Entwicklung: Obwohl Bevölkerungszahl und Autobestand zunehmen, werden Unfälle mit Todesopfern immer seltener.
Foto: KaPo LU
Timothy Pfannkuchen

Zum ersten Mal seit Beginn der Zählung 1940 kamen 2019 laut Bundesamt für Strassen (Astra) weniger als 200 Menschen bei Strassen-Verkehrsunfällen ums Leben: 187 Menschen starben. 2018 waren es 233, im schlimmsten Jahr 1971 unfassbare 1773 Tote! Seither wirds konstant besser. Auch die Zahl der Schwerverletzten sank erneut – auf 3639. In den 1970er-Jahren waren es bis über 15'000 im Jahr.

Sorgenkind der jüngsten Statistik sind nur die E-Bikes, deren Unfallzahlen stiegen. Aber wie steht die Schweiz eigentlich im Vergleich zu anderen Ländern da?

Laut WHO Rang 3

Dazu brauchts erst mal einen Massstab. Wir nehmen Verkehrstote pro 100'000 Einwohner und das Jahr 2016 – denn dies ist die neueste globale Übersicht der Welt-Gesundheitsorganisation (WHO), die im Gegensatz zu anderen, jüngeren Statistiken alle Länder erfasst. Was wir weglassen: Stadtstaaten wie Monaco und winzige Nationen wie Kiribati, wo jeder tödliche Unfall die Statistik umkrempelt.

Weltweit lagen laut WHO in Flächenländern 2016 nur Norwegen (2,1 Verkehrstote pro 100'000 Einwohner) und Schweden (2,2) vor der Schweiz (2,7). Dahinter: Grossbritannien, Niederlande, Estland, Dänemark, Japan – und auf Rang 10 Deutschland (4,1) als erstes Nachbarland. Österreich (5,2), Frankreich (5,5) und Italien (5,6) lagen wie fast alle Europäer im vorderen Mittelfeld. Nach unten klar schlechter waren beispielsweise Polen, Albanien oder die Türkei.

13 mal mehr Getötete

Der Welt-Durchschnitt lag 2016 bei 17,4. Grossmächte lagen bei 12,4 (USA), 18,0 (Russland) und 18,2 (China). Grob kann man die Statistik so zusammenfassen: Europa vor Nordamerika, dann Südamerika vor Asien (hoher Anteil Scooter- und Velo-Unfälle) und Afrika. Und je wohlhabender ein Land, desto sicherer.

Die Welt-Schlusslichter waren 2016 Thailand, Tansania, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo und Liberia: Dort starben jährlich 35,9 von 100'000 Menschen auf den Strassen, also rund 13 Mal so viele wie bei uns. Aber warum? Weil Sicherheit Luxus ist: Nicht alle können sie sich leisten.

Negativbeispiel Südafrika

Beispiel Südafrika, in der WHO-Statistik von 2016 mit 25,1 unter afrikanischen Ländern noch relativ gut, seither durch steigende Unfallzahlen auf einen der hintersten Ränge gerutscht. Alkohol am Steuer (bei 58 % aller tödlichen Unfälle) und Nichttragen der Gurten (62 %) gelten als zwei der Ursachen. Hinzu kommt die Infrastruktur: In Südafrika ist oft die Strasse zugleich auch das Trottoir.

Überhöhtes Tempo ist verboten – aber das will gerade in einem grossen Land erst kontrolliert sein: Bei uns sind die Gesetze schärfer, die Kontrolldichte ist hoch.

Hinzu kommt, dass dort billige Mobilität gefragt ist: Kracht ein auf dem Golf I von 1974 basierender, dort bis 2009 gebauter VW Citigolf mit null Crash-Sicherheit in ein Kleinbus-Sammeltaxi, sterben auf einen Schlag zehn oder mehr Menschen. Bei uns ist der Fuhrpark jung, fast jedes Auto verfügt über die Riesenfortschritte der Crash-Sicherheit seit den 1980er-Jahren und über ABS, ESP und Co. In neueren Autos warnt Assistenz vor Unfällen und greift sogar selbst als Nothelfer ein.

1,35 Millionen Opfer

Nicht zu vergessen: Der seit den 1970er-Jahren entstandene Rettungsdienst ist bei uns professionell und in der kleinräumigen Schweiz schnell vor Ort. Und bereits die Fahrausbildung ist strenger und auf Gefahrenbewusstsein geeicht.

All das macht die Schweiz sicherer als das Gros der Welt: Global sterben im Jahr 1,35 Millionen Menschen auf den Strassen: alle 25 Sekunden ein Opfer! Im Alter von 5 bis 29 Jahren ist der Tod auf der Strasse die Welt-Todesursache Nummer eins.

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