Auf einen Blick
- Flugzeugunglück in Washington: Experten diskutieren mögliche Ursachen
- Nachtsicht und Wasseroberfläche erschweren die Erkennung anderer Luftfahrzeuge
- 155 Passagiere überlebten 2009 Notlandung auf dem Hudson River
Er gilt als Held vom Hudson. Der ehemalige US-Pilot Chesley B. «Sully» Sullenberger III (74) erlangte 2009 international Bekanntheit, als er eine Passagiermaschine spektakulär auf dem Wasser in New York notlandete. Alle 155 Passagiere und Crewmitglieder überlebten.
Tragisch endete hingegen der Crash in Washington zwischen einem Passagierflugzeug und einem Militärhelikopter. Die Besatzungen und sämtliche Passagiere an Bord haben wohl ihr Leben verloren. Das Unglück geschah beim Anflug auf den Reagan-Flughafen. Ein Flughafen, der Piloten laut Sullenberger vor besondere Herausforderungen stellt. «Wer dort operiert, muss eine zusätzliche Ausbildung absolvieren», sagt er der «New York Times». Das Problem: starker Verkehr und kurze Landebahnen.
Nachts ist alles schwieriger
Die Suche nach der Absturzursache läuft. Sullenberger, der vor seinem Ruhestand selbst über 20'000 Flugstunden absolvierte, nennt gegenüber der Zeitung weitere Faktoren, die zum Unglück geführt haben können: Der Sinkflug erfolgte nachts und über Wasser. In der Dunkelheit erkenne man andere Flugzeuge nur aufgrund der Lichter, alles sei schwieriger. «Man muss versuchen herauszufinden: Sind sie über oder unter einem? Oder wie weit weg? Oder in welche Richtung fliegen sie?»
Optische Täuschungen können zudem dazu führen, dass Piloten andere Flugzeuge nicht rechtzeitig wahrnehmen, erklärt der ehemalige Black-Hawk-Ausbilder Mark McEathron auf X. Sechs Jahre diente er in der US Army und bildete Helikopter-Crews aus.
Der Experte spricht von einer Verkettung menschlicher Fehler: «Ich behaupte nicht, zu wissen, was diesen schrecklichen Unfall verursacht hat, aber meiner Erfahrung nach gibt es immer eine Kombination von Faktoren – einen perfekten Sturm von Fehlern – und menschliches Versagen ist fast sicher einer davon.»
Helikopter sind nur schwer zu erkennen
Selbst wenn man genau wisse, wo sich der Helikopter befinde, sei es sogar mit Nachtsichtbrille «extrem schwierig», das Flugobjekt zu sehen. McEathron: «Die Helikopter sind so konstruiert, dass man sie in der Nacht nur schwer erkennen kann.»
Bei der Landung konzentrieren sich Cockpit-Crews laut McEathron auf ihre Instrumente und verlassen sich auf die Anweisungen der Flugsicherung. Aber: Über Städten wie Washington herrsche ständiger Funkverkehr. «Es kann schwierig sein, herauszufiltern, was wichtig ist.» Zudem gab es im Kontrollturm wohl Personalmangel: Ein interner Bericht der US-Luftfahrtbehörde FAA zeigt, dass zum Zeitpunkt des Zusammenstosses ein Fluglotse auf gleich zwei Positionen eingeteilt war. Er koordinierte sowohl die Helikopter als auch die Flugzeuge auf den Start- und Landebahnen.
Der ehemalige Ausbildner McEathron warnt aber vor Spekulationen. «Jeder, der behauptet, der Crash erscheine verdächtig, war nie Teil einer Flugbesatzung und hat absolut keine Idee, wovon er oder sie spricht.»