Warum an der «Andromeda»-Theorie gezweifelt wird
Segelte diese Mini-Yacht zur Nordstream-Sprengung?

Noch immer stellt die Zerstörung der Nordstream-Pipelines die Welt vor Rätsel. Auch die neueste US-Theorie, die Ukraine könnte dahinterstecken, wirft Fragen auf – und lässt diese unbeantwortet.
Publiziert: 11.03.2023 um 15:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2023 um 15:01 Uhr
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Wer steckt hinter den Explosionen an den Pipelines der Nordstream 1 und 2?
Foto: keystone-sda.ch
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Wer hat die beiden Nordstream-Pipelines in die Luft gejagt? Nach neuesten Erkenntnissen des US-Geheimdienstes waren es pro-ukrainische Saboteure. Woher diese Information kam und welche Beweise es dafür gibt, wurde nicht preisgegeben.

Kurz darauf veröffentlichte die «Zeit» einen Artikel mit einer von ihr durchgeführten Untersuchung, die weitere Einzelheiten enthielt. In diesem Artikel wird dargelegt, dass eine Gruppe von sechs nicht identifizierten Personen, die möglicherweise einer pro-ukrainischen Gruppe angehören, hochwertige gefälschte Pässe benutzten und am 6. September in Rostock eine Yacht charterten, bevor sie sich auf den Weg machten, um Sprengsätze an den Nord-Stream-Sabotagepunkten anzubringen.

Dies löste eine Welle der Berichterstattung aus. Ende Woche kam «Spiegel» zum Schluss: Bei der Yacht handelt es sich um die Andromeda. Wie die Mission im Detail abgelaufen sein soll und wer wirklich hinter der ganzen Sache steckt, bleibt jedoch weiter unklar. Selbst ein Täuschungsmanöver, das von den wahren Tätern ablenken könnte, wird nicht ausgeschlossen. Fakt ist lediglich: Ende September 2022 wurden drei der vier Rohre von den Pipelines Nordstream 1 und 2 durch Explosionen beschädigt – und die aktuelle Theorie löst Zweifel aus.

Berichte säen Zweifel

Einer, der zweifelt, ist der dänische Militäranalyst Anders Puck Nielsen (43). «Die Geschichte wirft mehrere Fragen auf», sagt er im Interview mit «Ntv». «Vor allem praktische Aspekte, wie die Tatsache, dass eine solche Aktion eine ziemlich anspruchsvolle Aufgabe ist.»

Auch der OSINT-Spezialist Oliver Alexander sucht und findet Löcher in der Berichterstattung. So recherchierte «The Times», dass der benutzte Sprengstoff in Polen gekauft und dann nach Deutschland zur Yacht gefahren wurde. «Warum sollte die Gruppe Sprengstoff in Polen beschaffen und dann riskieren, ihn über die Grenze nach Deutschland zu transportieren und von Rostock aus in See stechen?» Laut Alexander wäre es sicherer und logistisch einfacher gewesen, von einem polnischen Yachthafen aus in See zu stechen, der zudem näher an Bornholm und dem Ort der Nord-Stream-Sabotage liegt.

Journalist und Waffensachverständiger Lars Winkelsdorf (46) sorgte auf Twitter noch für ein nächstes Fragezeichen: Wie sollen sich die ukrainischen Saboteure den ganzen Sprengstoff geleistet haben? Für drei Explosionen wären, so «Bild», mindestens 1500 Kilogramm Sprengstoff nötig gewesen. «Schwarzmarktpreis für Plastiksprengstoff ist bei etwa 4000 bis 5000 Euro für 300 Gramm», twittert Winkelsdorf.

Bei 1500 Kilogramm Sprengstoff tauchen noch mehr Fragen auf: «Bild» bezeichnet die Mini-Yacht als «Nussschale» und hat damit nicht Unrecht. Die Andromeda ist mit 15 Metern Länge, Platz für elf Personen und ohne Kran nicht unbedingt für eine solche Aktion ausgestattet. Und wie sollen sechs Personen – nur zwei davon Taucher – diese Menge an Sprengstoff in 80 Meter Tiefe manövriert haben?

Alternative Theorien kochen hoch

All diese Fragen werden wohl erstmal ohne Antwort bleiben. An alternativen Theorien zu den Nordstream-Explosionen mangelt es aber keineswegs. Mitte Februar sorgte der US-Enthüllungsjournalist Seymour Hersh (85) für Wirbel, als er in einer Recherche behauptete, die USA haben, in Zusammenarbeit mit dem norwegischen Militär, die Sprengung durchgeführt. Der Bericht geriet schnell in die Kritik: Hersh beruft sich auf eine einzige Quelle, zudem stimmen einige genannte Daten nicht mit der Realität überein. Nach eigenen Angaben will er sich aber kommende Woche mit einem neuen Bericht zum Thema zurückmelden.

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Mindestens 50 Meter fehlen:Videos zeigen Loch in Nordstream-Rohr

Für einige Beobachter bleiben die USA aber nach wie vor plausible Täter. Sobald gar kein Gas mehr aus Russland kommt, wäre Europa in Sachen Gas komplett von den USA abhängig. Darin sehen Kritiker ein mögliches Motiv Bidens. Eine Aussage des US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden (80) vom Februar des letzten Jahres sorgt in diesem Zusammenhang für Stirnrunzeln. «Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert», sagte Biden damals vor der Presse, «dann wird es Nord Stream 2 nicht mehr geben.»

Von Däne Nielsen werden die USA und die Ukraine als Saboteure ausgeschlossen. Bei beiden stehe der Ertrag «in keinem Verhältnis» mit den eingegangenen Risiken. Für ihn gibt es einen logischen Übeltäter: Russland. «Nun ist klar: Wenn Sie in der Lage sind, ihre eigene Pipeline in die Luft zu jagen, dann können sie das auch mit anderen Pipelines machen.» Als Beispiel nennt er die «Baltic Pipeline», die norwegisches Gas nach Polen transportiert. Zudem wurden rund um den Zeitpunkt der Explosionen russische Versorgungsschiffe in der Nähe der Pipelines gesichtet, wie ein Bericht von CNN damals belegte.

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