Am Samstag ist es Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (62) und seinen Söldnern gelungen, Chaos in Russland auszulösen. In nicht einmal 24 Stunden erreichten Prigoschins Gefolgsleute die Aussenbezirke Moskaus. Zuvor hatten sie ein Hauptquartier der russischen Armee in Rostow am Don erobert. Doch dann war Schluss, die Wagner-Kämpfer zogen sich zurück. Ein Deal, eingefädelt von Belarus-Diktator Alexander Lukaschenko (68), verhinderte den Sturm auf Moskau und ein grösseres Blutvergiessen.
Noch grösseres Chaos hätte es wohl gegeben, wenn die Ukraine, die in der Vergangenheit immer wieder von Russland für diverse Sabotageakte verantwortlich gemacht wurde, sich auch noch in den Kampf eingeschaltet hätte. Nun kommt heraus: Die westlichen Verbündeten der Ukraine haben sich auf verschiedenen Ebenen an ukrainische Beamte gewandt und sie davor gewarnt, das Durcheinander für einen Angriff in Russland zu nutzen. Das erklärte ein anonymer westlicher Beamter gegenüber CNN.
Drohnenangriff auf den Kreml
Der Westen befürchtete, dass die Ukraine und der Westen den Eindruck erwecken könnten, sie würden Prigoschin helfen und die russische Souveränität bedrohen. «Die Botschaft lautete, dass man hier nicht aufmucken sollte», so der anonyme Offizielle. Er fügte hinzu, dass die Nachricht auf der Ebene der Aussenminister, der Stellvertreter und durch Botschafter übermittelt worden sei.
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«Es handelt sich um eine interne Angelegenheit», so der Tenor der Nachricht zu Prigoschins Aufstand. «Nutzen Sie die Gelegenheiten auf ukrainischem Territorium, aber lassen Sie sich nicht in interne Angelegenheiten verwickeln und greifen Sie keine Militäranlagen innerhalb Russlands an», hätten die westlichen Offiziellen den Ukrainern klargemacht. Ein Angriff der Ukraine während des Aufstandes hätte unter Umständen den Russen in die Hände gespielt. «Es ist das, was die Russen immer wollten, nämlich zu beweisen, dass es Bedrohungen für die russische Souveränität gibt», so der Informant.
Seit Monaten steht das von Russland überfallene Land im Verdacht, immer häufiger verdeckte Angriffe und Sabotageakte auf russische Einrichtungen durchzuführen. Auch beim Drohnenangriff auf den Kreml Anfang Mai wird der Ukraine eine Beteiligung nachgesagt. Zuletzt sollen ukrainische Streitkräfte zudem die russische Region Belgorod nahe der Grenze zwischen den beiden Ländern beschossen haben.
Kremlchef Wladimir Putin (70) hat den Wagner-Söldnern derweil ein Angebot gemacht. Sie könnten einen Vertrag mit der regulären russischen Armee unterzeichnen und «zu ihren Familien zurückkehren» oder «nach Belarus gehen». (nad)