Das Flugzeug stösst im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln viel mehr CO₂ aus. Wer sich für den Klimawandel einsetzen will, bleibt also lieber am Boden. Aber immer weniger schämen sich wegen Flugreisen.
Gerade mal 39 Prozent finden, man sollte beim Verreisen mit dem Flugzeug ein schlechtes Gewissen haben. Dies zeigt eine Umfrage des Instituts LeeWas im Auftrag von Tamedia und «20 Minuten». Dabei empfinden Frauen mit 43 Prozent etwas mehr Flugscham als Männer. 58 Prozent der Befragten will nichts von Flugscham wissen.
Das zeigt sich auch in den Zahlen des Flughafen Zürichs: Im Mai haben die Flughafenbewegungen 90 Prozent des Niveaus von 2019 erreicht. Die Flugbranche lässt die Corona-Pandemie damit endgültig hinter sich.
Die Hälfte nimmt das Flugzeug
Gemäss der Umfrage planen ziemlich genau die Hälfte der Befragten, diesen Sommer mit dem Flugzeug in die Ferien zu reisen. Was dabei auffällt: Mit 59 Prozent sind es vor allem die Jungen, die sich für das Flugzeug als Transportmittel entschieden haben. Gerade mal 33 Prozent der 18- bis 34-Jährigen findet, man müsse beim Fliegen ein schlechtes Gewissen haben. Dabei gilt die Generation Z als besonders engagiert beim Klimawandel.
Cathérine Hartmann, Umweltpsychologin an der Zürcher Hochschule, erklärt dieses Phänomen im «Tagesanzeiger» folgendermassen: «Wir haben hier die gleiche kognitive Dissonanz wie zum Beispiel beim Rauchen: Die Leute wissen, dass es schädlich ist, machen es aber trotzdem.»
Faule Rechtfertigungen
Das Problem sei, dass Fliegen schöngeredet wird. Zudem würden viele ihre Flugreisen auch rechtfertigen: «Mein Nachbar fliegt auch, und zwar jedes Jahr fünfmal.» Bei den Jungen gebe es ausserdem mehr Nachholbedarf – sie waren während der Pandemie besonders eingeschränkt. Zudem sei Mobilität auch einfach ein Grundbedürfnis des Menschen, heisst es.
Auch Blick hat kürzlich mit einem Tourismusexperten über Flugscham gesprochen. Gemäss Florian Eggli (45), Dozent für Tourismus an der Hochschule Luzern (HSLU), existiert Flugscham noch. «Man gönnt sich weiterhin Flugreisen – aber mit schlechtem Gewissen», ist Eggli überzeugt. Der Tourismusexperte beobachtet, dass viele Leute länger, dafür seltener verreisen. (kae)