Veganer Käse und KI-Hörgeräte – diese Unternehmen sind im Bilanz-Ranking dabei
Welche Schweizer Firmen mit ihrer Innovationskraft überzeugen

Für den Wirtschaftsstandort Schweiz sind Innovationen von Unternehmen überlebenswichtig. Wir stellen die Vorreiter des Landes vor.
Publiziert: 08.10.2024 um 18:43 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2024 um 18:48 Uhr
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Vegane Lebensmittel sind das Geschäft von New Roots. Die vegane Molkerei, gegründet von Alice Fauconnet und Freddy Hunziker, belegt Platz 1 des Rankings.
Foto: ZVG

Auf einen Blick

  • New Roots und Planted Foods führen Innovationsranking an
  • Sonova lanciert erstes Hörgerät mit Echtzeit-KI
  • Numarics erhält 10,2 Millionen Franken von UBS
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Matthias Mehl
Bilanz

Rund um den Globus wird «löchriger Käse» mit der Schweiz assoziiert. Und was heute für Emmentaler gilt, trifft vielleicht schon bald auch auf veganen Käse zu. Darauf arbeitet zumindest das Unternehmen New Roots hin: Der Foodhersteller aus Bern verkauft seinen nussbasierten Käse an grosse Detaillisten im In- und Ausland. In einem gänzlich anderen Segment ist die Sonova-Gruppe tätig: Sie entwickelt Hightech-Hörgeräte, die neu auch künstliche Intelligenz nutzen, um das Hörverständnis zu fördern. Was die vegane Molkerei und die Hörgeräteschmiede gemeinsam haben? Beide zählen gemäss aktuellem Ranking «Top innovative Unternehmen der Schweiz 2025» zu den Innovationsvorreitern des Landes.

Für die Rangliste zeichnete das Marktforschungsunternehmen Statista im Auftrag von BILANZ insgesamt 185 Firmen für ihre aussergewöhnliche Innovationskraft aus, vom Start-up bis zum Grosskonzern. Die Bewertung der Unternehmen erfolgte sowohl anhand qualitativer als auch quantitativer Kriterien, darunter die Anzahl und Technologierelevanz der Patente, aktuelle Produktinnovationen sowie die Ergebnisse umfangreicher Befragungen.

Artikel aus der «Bilanz»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Bilanz» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du unter bilanz.ch.

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Tierischer Käse war gestern

Die Auswertung der Daten zeigt, dass insbesondere die hiesige Lebensmittelbranche innovativ unterwegs ist: Während im vergangenen Jahr mit Ypsomed noch ein Medizintechnikunternehmen den Titel des innovativsten Schweizer Betriebs für sich verbuchen konnte, landen heuer mit New Roots (Platz 1) und Planted Foods (2) gleich zwei Produzenten veganer Lebensmittel oben auf dem Siegertreppchen.

Freddy Hunziker, der New Roots gemeinsam mit Alice Fauconnet 2016 gegründet hat, zeigt sich über den ersten Platz im Innovationsranking erfreut. Seines Erachtens muss echte Innovation in den Köpfen der Menschen beginnen. «Einfach eine Businessidee hochzuskalieren, reicht nicht.» Das Innovationsfundament von New Roots, quasi die Wurzel aller Ideen, bildet die firmeneigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. «Hier liegt unser Fokus, wir haben unsere vegane Molkerei nicht gegründet, um möglichst schnell enorme Produktmassen zu verkaufen», betont Hunziker.

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Vielmehr gehe es darum, neue Rohstoffe zu entwickeln, die echte Alternativen zu tierischen Produkten darstellen und dabei ökologischen sowie ökonomischen Mehrwert bieten. Trotz dieser langfristigen Vision ist New Roots auch im Daily Business erfolgreich: Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile 40 Personen und setzt pro Jahr rund 500 Tonnen an pflanzlichen Molkereiprodukten ab, darunter nussbasierten Käse sowie milchfreien Joghurt und Crème fraîche. Zu den Abnehmern gehören Biofachhändler, Detaillisten sowie die Gastronomie des DACH-Raums und Frankreichs.

Nun steht der nächste grosse Schritt bevor: New Roots hat einen neuen Rohstoff entwickelt, der nach eigenen Angaben hinsichtlich Verarbeitung und Geschmackserlebnis vergleichbare Vorzüge aufweist wie tierische Milch. Für dessen Verarbeitung will man sowohl die hiesigen Bauern als auch die Käsereien an Bord holen. «Das finden wir richtig innovativ: Tradition bewahren, aber diese mit neuen Impulsen anreichern.» Der vegane Rohstoff soll es zudem ermöglichen, Nahrungsmittel zu lancieren, die rund 30 Prozent günstiger sind als vergleichbare Kuhmilchprodukte. Mit dieser Neuerung will New Roots ab 2026 Europa als Ganzes sowie die USA als weitere Absatzmärkte anpeilen.

Zweimal Silber ist Gold

Den vermeintlich undankbaren zweiten Platz im Innovations-Ranking belegt erneut die Zürcher Firma Planted Foods. Gross geworden ist diese ursprünglich mit veganem Poulet, heute werden in der Manufaktur in Kemptthal aber auch Würste, Schnitzel und Steaks aus pflanzlichen Materialien hergestellt. Mit der zweiten Silbermedaille in Folge ist man bei Planted zufrieden: «Denn Innovation dreht sich bei uns darum, für Konsumenten bessere Proteine herstellen zu können», betont Mitgründer Christoph Jenny. Zu diesem Zweck fördere man eine Kultur, in der Kreativität, Risikobereitschaft und Experimentierfreude an erster Stelle stehen. 

Dass man sich vor Risiken und Investments tatsächlich nicht scheut, belegt der aktuelle Expansionskurs von Planted: Im Frühling 2024 begann die strategische Erweiterung der Produktionskapazitäten in Kemptthal mit einer neuen Fermentationsanlage. Dieser Ausbau wird nun per erstem Quartal 2025 mit einem neuen Produktionsstandort im süddeutschen Memmingen fortgesetzt. Damit wolle man noch näher bei den deutschen Konsumenten produzieren. Das ergibt Sinn: Mittlerweile entfällt der grösste Teil der Exportquote von 75 Prozent auf den nördlichen Nachbarn. Die Erfolgsaussichten sind laut Planted bestechend: Der Nahrungsmittelhersteller rechnet damit, dass die generelle Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen zu tierischem Fleisch bis 2026 weiterhin stark steigen wird. 

Zur Veranschaulichung: Aktuell belaufe sich der Umsatz mit Fleischersatzprodukten im Schweizer Detailhandel auf etwa 120 Millionen Franken pro Jahr. Verglichen mit den 3,7 Milliarden des tierischen Fleischmarkts könne man also «noch einiges an Potenzial aufholen», schreibt Planted. Der neue Standort in Memmingen wird mittelfristig bis zu 20 Tonnen pflanzliches Fleisch pro Tag produzieren, womit eine Verdoppelung der Produktionskapazitäten angestrebt wird. 

Die KI im Ohr

Und wie ist es um die Innovationskraft der Schweizer Konzerne bestellt? Für die im Leitindex SMI aufgeführten Firmen erstellt Statista jeweils eine separate Rangliste. Dort machte die an der Zürcher Goldküste angesiedelte Sonova-Gruppe das Rennen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Stäfa versteht sich als weltweit führender Anbieter von innovativen Lösungen rund um das Thema Hören. Das Sortiment der 1947 gegründeten Firma reicht von persönlichen Audiogeräten und drahtlosen Kommunikationslösungen bis hin zu Hörgeräten und -implantaten.

Diese Produktvielfalt, gepaart mit diversen Neuentwicklungen, hat die Statista-Experten überzeugt. «Wir sind dementsprechend stolz darauf, unter den SMI-Konzernen als Nummer eins in Sachen Innovationskraft eingestuft zu werden», sagt Sonova-CEO Arnd Kaldowski. Einen aktuellen Beleg für die attestierte Innovationsfähigkeit lieferte die Gruppe erst kürzlich: Sonova lancierte das erste Hörgerät, das künstliche Intelligenz in Echtzeit einsetzt, um gutes Sprachverstehen trotz hohem Umgebungslärm zu ermöglichen. «Wir sind davon überzeugt, dass unsere neuste Innovation für alle, die Schwierigkeiten haben, Gesprächen in lauten Umgebungen zu folgen, eine grosse Verbesserung des Hörens und damit der aktiven Anteilnahme an Konversationen darstellt.»

Mit ihren Produkten bewegt sich Sonova in einem attraktiven Feld: Laut eigenen Einschätzungen leiden rund eine Milliarde Menschen weltweit unter Hörproblemen, von denen die grosse Mehrheit noch kein Hörgerät besitzt – ein immenses Marktpotenzial.

Auch für die Schweizer Ableger internationaler Konzerne errechnete Statista eine eigene Innovationsrangliste. Heuer schafft es dort Google Schweiz, geleitet von Christine Antlanger-Winter, auf den ersten Rang. Noch ein Jahr zuvor hatte man sich hinter Microsoft mit dem zweiten Platz begnügen müssen. Der amerikanische Suchmaschinengigant ist bereits 20 Jahre in der Limmatstadt präsent, 2022 stellte er beim Hauptbahnhof seinen «Campus Europaallee» fertig. Heute ist der Schweizer Standort Googles grösstes Forschungs- und Entwicklungszentrum ausserhalb der USA. 5000 Googler feilen hier an KI-Lösungen und an Kernangeboten wie YouTube oder Google Maps.

Geld von der Grossbank

Der Schlüssel zur Innovation liegt in einer Firmenkultur, die neue Ansätze sowie Ideen zulässt und damit Kreativität fördert. Aus diesem Grund kürt Statista auch jedes Jahr das Schweizer Unternehmen, das sich durch eine besondere Innovationskultur auszeichnet. Der diesjährige Gewinner ist das Zürcher Fintech Numarics. Die Gründer Kristian Kabashi und Dominique Rey streben mit ihrer Firma, die eine Komplettlösung für das Finanzmanagement anbietet, eine Welt an, «in der Kunden von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.» Hierfür vereint man Technologie, menschliche Expertise sowie KI in einer All-in-one-Lösung: Die Plattform umfasst etwa eine Cockpit-App, die übersichtliche Diagramme sowie Shortcuts zu den wichtigen Funktionen bietet. Angebote lassen sich direkt per App erstellen und in Rechnungen umwandeln, CRM-Funktionen, ein digitaler Briefkasten sowie Buchhaltungstools ergänzen die Anwendung. 

Das Innovationsrezept von Numarics? «Feedback, Feedback – und nochmal Feedback», betont Kristian Kabashi. Denn wer zuhört, wächst. Und genau das tue man gemeinsam mit den Mitarbeitenden sowie den Kunden als treibende Kraft. Dieser Ansatz hat auch die UBS überzeugt: Die Grossbank tat sich im vergangenen Jahr als Hauptinvestor der letzten Finanzierungsrunde von Numarics hervor, was dem Fintech insgesamt 10,2 Millionen Franken an frischem Kapital bescherte.

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