Es klingt verlockend: Den Klimawandel ohne Verzicht aufzuhalten, indem eine Maschine das CO₂ aus der Luft einfängt und speichert. Sogenannte Negativemissions-Technologien sind die grosse Hoffnung im Kampf gegen den Klimawandel.
Eine technische Lösung wurde in Zürich entwickelt. Das ETH-Spin-off Climeworks saugt mit einem Staubsauger tonnenweise CO₂
aus der Luft. Die Technik wird von Climeworks bereits eingesetzt, doch bislang waren die Einsparungen gering und teuer.
Doch jetzt hat das Schweizer Startup eine neue CO₂-Filteranlage auf Island eröffnet. Diese ist rund zehnmal so gross wie die vorherige und damit die grösste der Welt, wie Climeworks diese Woche mitteilte.
Braucht noch mehr Finanzierungskapital
«Der heutige Tag steht ganz im Zeichen von Scale-Up», sagte Co-Gründer und Co-Geschäftsführer Jan Wurzbacher an einer virtuellen Medienkonferenz zur Eröffnung. In anderen Worten: Die Eröffnung der neuen Anlage signalisiere die Phase des schnellen Wachstums des Start-ups.
Tatsächlich habe man die Kapazität deutlich hochgeschraubt und aus den Erfahrungen mit den bisherigen Anlagen gelernt, sagte Wurzbacher weiter. So seien Prozesse effizienter und kostengünstiger geworden. Dennoch brauche das Unternehmen noch viel Finanzierungskapital – privates und öffentliches –, um in grossem Stil CO₂ der Atmosphäre entziehen zu können.
Die neue Anlage trägt den Namen «Mammoth» – zu Deutsch Mammut. Sie folgt auf die ebenfalls auf Island stationierte Anlage «Orca», die 2021 eröffnet wurde. Die Fluggesellschaft Swiss unterstützt Climeworks im Rahmen einer Partnerschaft finanziell. Der Vertrag ist auf eine Dauer von vorerst 7 Jahre ausgelegt. Wie viel die Swiss beisteuert, ist nicht bekannt. Climeworks hat noch weitere namhafte Firmenkunden, darunter Swiss Re, UBS, JP Morgan oder Microsoft.
So funktioniert die Technologie
Das neue Werk verfügt laut den Angaben über 72 Kollektoren, 12 davon seien bereits im Einsatz. Die restlichen sollen in diesem Jahr aktiviert werden. Bei voller Kapazität könne «Mammoth» bis zu 36'000 Tonnen CO₂ pro Jahr aus der Luft saugen und speichern.
Bei der Technologie von Climeworks, dem sogenannten Direct Air Capture (DAC), wird das Treibhausgas angesaugt und dann im Boden gespeichert. Die Technologie gilt als teuer und ist bisher nicht in grossem Umfang verfügbar. Allerdings qualifizierte sich Climeworks jüngst für öffentliche Gelder des US Energy of Department und erhielt eine Summe von 50 Millionen Dollar für eine Anlage in den USA.
Neu werden Kompensations-Pakete angeboten
Das Start-up arbeitet mit einer Vielzahl an Firmen zusammen, darunter der Vermögensverwalter Partners Group, die Grossbank UBS, der Rückversicherer Swiss Re, der Autoimporteur Amag und die US-Grossbank JPMorgan. Zu den ersten Firmenkunden für die Anlage «Orca» zählten etwa der Softwareriese Microsoft und die Bezahlplattform Stripe. Neu bietet das Schweizer Unternehmen zudem Kompensations-Pakete an, die ebenfalls natürliche Methoden der CO₂-Entfernung wie Aufforstung oder Biokohle beinhalten.
Das Unternehmen prüfe derzeit Möglichkeiten für Carbon Capture in Kanada, Norwegen, Oman und Kenia. In Bezug auf Island sei jedoch klar: Geologisch betrachtet gebe es kein Limit für die CO₂-Speicherung in und um die Insel – «selbst wenn die ganze Menschheit ihr CO₂ hier speichern wollen würde», sagte Chief Operating Officer Douglas Chan, der vor Ort zugeschaltet war. (nim/SDA)