Die Schweizer Haushalte sparen wie wild, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik aus diesem Frühjahr zeigen. Und trotzdem: Zwei von fünf Haushalten machen auf ihrem Konto monatlich mehrere Hundert Franken Verlust oder können nur kleine Beträge zur Seite legen. Dabei ist klar: Für den Fall der Fälle sollte immer etwas Geld auf der hohen Kante liegen.
Die Gretchenfrage lautet dabei: Wie viel Reserve braucht man für den Notfall? Wenn beispielsweise eine hohe Zahnarztrechnung hereinflattert oder eine teure Autoreparatur fällig wird?
Wer kündigt, braucht grössere Reserven
Eine Faustregel besagt, dass mindestens drei Haushalts-Monatseinkommen auf der Seite sein sollten. Damit liesse sich ein kompletter Einkommensausfall über mehrere Monate stemmen – in der Regel sind die Fixkosten ja deutlich tiefer als der Lohn.
Wenn es nach Fabio Marchesin (35) geht, gibt es keinen erkenntlichen Grund, warum es gerade drei oder auch sechs oder neun Monatseinkommen als Erspartes sein sollten. Ein wichtiger Anhaltspunkt sei die Situation bei einem Jobverlust, schreibt der Finanzexperte in seinem Blog «Finanzfabio». Bei einer Entlassung erhalten Betroffene 70 oder 80 Prozent des vorherigen Lohns vom Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum – abhängig von allfälligen Unterhaltspflichten für Kinder oder Ehepartner.
Das Geld fliesst jedoch nicht direkt, sondern erst nach den Wartetagen. Bei Personen mit höheren Gehältern können es bis zu 20 Arbeitstage sein. Für den äussersten Notfall müsste man demzufolge mindestens einen Monatslohn auf der hohen Kante haben. Aber Achtung: Wer selber kündigt, muss auch mit Einstelltagen von der Arbeitslosenkasse rechnen. Diese können bis zu 60 Tage betragen. In diesem Fall hat man besser drei Monatslöhne auf der Seite.
Keine Angst vor Krankheiten?
Ein Sparargument lautet: «Was, wenn ich verunfalle oder schlimm erkranke?» Auch da winkt Marchesin ab. Das würde ihm zufolge maximal 3200 Franken kosten: Die höchste Franchise beträgt 2500 Franken, der maximale Selbstbehalt bei einer Krankenkasse 700 Franken. Das wäre bei den meisten mit einem Monatslohn auf der hohen Kante abgedeckt. Ausserdem darf einem nicht gekündigt werden, wenn man krank ist. Bei einer langjährigen chronischen Krankheit kann die finanzielle Situation aber kritisch werden.
Dringliche Notfälle können mit ein paar wenigen Tausend Franken auf dem Sparkonto in der Regel aufgefangen werden. Doch die effektive Ersparnis hat viel mit subjektivem Empfinden zu tun: Wann ist mir wohl?
Ersparnisse wirken beruhigend
Manche kriegen Panik, wenn der Kontostand unter 50'000 Franken fällt, andere leben ganz gut von der Hand in den Mund. Die gefühlte Sicherheit bezieht sich dabei meist auf variable Kosten, also darauf, ob man sich noch Ferien oder ein neues Auto leisten kann und will. Liegen diese Ausgaben nicht drin, muss man beim gewünschten Lebensstandard Abstriche machen.
Heikler wird es im Notfall, wenn sich die Fixkosten nicht mehr bedienen lassen. Zu den Fixkosten zählen die Wohnungsmiete, die Krankenkasse, Kosten für Wasser, Strom und Heizung, Mobilfunkgebühren, Steuern und alle Abos, bei Familien vielleicht auch Betreuungskosten. Das sind in der Regel mehrere Tausend Franken, die monatlich anfallen.
Virtuelles Sparschwein äufnen
Wer grössere Investitionen plant, sollte über die eiserne Reserve hinaus Ersparnisse aufbauen. Beispielsweise auf einem Sparkonto, das man später für eine Auslandreise, für ein Haus oder für ein Studium anzapft. Eine Art virtuelles Sparschwein, das beim Erreichen der gewünschten Geldmenge zerschlagen wird.