Schweizer sparen wie wild
Haushalte geben deutlich weniger für Arzt und Auto aus

Die Schweizer Haushalte schnallen den Gürtel enger: Sie geben monatlich knapp 700 Franken weniger für ihren Konsum aus, wie aktuelle Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen. Darunter könnte auch die Gesundheit leiden.
Publiziert: 23.05.2023 um 17:51 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2023 um 20:56 Uhr
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Die Schweizer Haushalte haben ihre Konsumausgaben im ersten Quartal 2023 deutlich zurückgefahren.
Foto: imago/photothek
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

In nur zwölf Monaten hat sich die Welt für die Schweizer Haushalte auf den Kopf gestellt: Im Frühjahr 2022 hat der Bund die Covid-Pandemie für beendet erklärt. Der Wirtschaftsmotor brummte, die Einkommen pro Haushalt sprangen in die Höhe und die Bevölkerung zeigte sich überaus ausgabefreudig. Nur ein Jahr später ist davon kaum mehr etwas zu spüren. Die Haushaltseinkommen sind im 1. Quartal mit 7093 Franken pro Monat im Median auf einem mehrjährigen Tiefstand. Das heisst, dass die Hälfte der Haushalte mehr verdient hat und die andere Hälfte weniger.

Im Frühjahr 2022 lagen sie noch bei 7977 Franken. Umso mehr macht den Leuten die Teuerung zu schaffen. Sie sparen – und zwar im grossen Stil, wie die aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen.

So gaben die Haushalte im ersten Quartal 2023 monatlich im Median gerade mal 4023 Franken für ihren Konsum aus – ohne Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Krankenkassenprämien gerechnet. Damit sind sie gar deutlich knausriger als in den Pandemiejahren. Noch vor einem Jahr konsumierten sie pro Monat für 4713 Franken.

Haushalte sparen bei der Gesundheit

Besonders stark sparen die Haushalte bei den Ausgaben für die Gesundheit. Diese sanken innerhalb eines Jahres von 355 Franken pro Monat auf 137 Franken, was auch die Zahnärztinnen oder die Hausärzte zu spüren bekommen. Bei ihnen liessen die Haushalte vor einem Jahr monatlich 143 Franken liegen. Jetzt sind es nur mehr 43 Franken. «Gerade im Bereich Gesundheit ist Sparen gefährlich. Die Leute gehen nicht zum Arzt, weil sie es sich nicht leisten können», sagt Philipp Frei (38), Geschäftsführer des Dachverbands Budgetberatung Schweiz. Das kann sich gleich doppelt rächen: «Die Folge können gesundheitliche Schäden und am Ende deutlich höhere Kosten sein.»

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Ein Grund für die Zurückhaltung bei Arztbesuchen dürfte bei der obligatorischen Grundversicherung zu finden sein: Die Kassen haben ihre Prämien in diesem Jahr im Schnitt um 6,6 Prozent erhöht. Daraufhin haben so viele Leute die Krankenkasse gewechselt wie noch nie. Mit einem günstigeren Versicherungsmodell lässt sich einiges sparen. Und auch mit einer höheren Franchise. Die Haushalte geben für die Kasse deshalb neu 697 Franken pro Monat aus statt der 736 Franken vor einem Jahr. Doch wer die Franchise erhöht und das Geld nicht hat, verzichtet am Ende womöglich ganz auf den Gang zum Arzt.

«Die Zahl der Working Poors nimmt zu»

So überrascht es wenig, dass Frei von einer «sehr hohen Nachfrage» nach Budgetberatungen spricht. «Die Leute sind verunsichert und die Zahl der Working Poors nimmt zu. Immer mehr Leute, die voll arbeiten, können von ihrem Lohn nicht wirklich leben.»

Viele Haushalte minimieren auch beim Auto die Kosten: So legen sie für Service und Reparaturen nur noch 27 Franken auf den Tisch – das sind 42 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Auslagen für die gesamte Mobilität sind innerhalb von zwölf Monaten von 666 auf 512 Franken gesunken. Gespart wird aber auch bei den Festnetzanschlüssen und Handyabos oder den Ausgaben für Haushaltsgeräte. Dann muss es der alte Mixer halt etwas länger machen.

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Haushalte legen deutlich mehr Geld zur Seite

Im Bereich Unterhaltung, Erholung und Kultur wurden die monatlichen Ausgaben mit 320 Franken pro Monat gegenüber dem Vorjahr um 30 Prozent zusammengestrichen. Ebenso haben die Haushalte ihre Auslagen für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke um 1,8 Prozent auf monatlich 595 Franken zurückgefahren. Dies, obwohl die Teuerung bei den Lebensmitteln hart zugeschlagen hat: Kartoffeln legten um 14 Prozent zu, Zucker 16 Prozent, ausländische Eier 36 Prozent, Greyerzer-Käse 9 Prozent.

Die Konsumstimmung bei vielen Leuten ist am Boden. So legen die Haushalte mit 2401 Franken im Schnitt jeden Monat 441 Franken mehr zur Seite als vor einem Jahr. Wer kann, spart in unsicheren Zeiten für noch härtere Tage.

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