Moderne Technik verleitet schnell zum unbedachten Kauf. Bargeldlos, kontaktlos, sorglos: Bezahlt wird die gewünschte Ware heute blitzschnell und virtuell. Nicht selten auf Pump. Wer nicht aufpasst, kann schnell in eine Schuldenfalle geraten.
Das berühmte Sprichwort «Gib nicht mehr aus, als Du einnimmst» hat in der Konsumgesellschaft längst seine mahnende Wirkung eingebüsst. Status definiert sich über Besitz, und viele Banken geben nur zu gern Kaufkredite, deren Zinsen schnell nicht mehr bedient werden können.
Finanzkompetenz ist zwingend
Geldprobleme liessen sich in manchen Fällen verhindern, wenn bei Konsumenten etwas Wissen in Finanzdingen vorhanden wäre. «Finanzkompetenz ist bei vielen ein Manko», weiss Andrea Weidemann (45), Direktorin des Schweizer Finanzmuseums in Zürich. Sie beschäftigt sich stark mit der Promotion von finanzieller Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, etwa im Rahmen der Swiss Money Week. Anhand von Studien sei klar, dass bei Kindern und Jugendlichen sowie älteren Menschen die Finanzkompetenzen eher tief seien.
Deshalb sollte laut Weidemann Finanzbildung viel stärker in schulischen Lehrplänen der Schweiz integriert sein. «Aktuell ist im Lehrplan 21 lediglich festgehalten, dass Sekundarschüler einen ‹verantwortungsvollen Umgang mit Geld› lernen. Es ist dabei der Lehrerschaft überlassen, ob und wie man das abdeckt. Das ist zu wenig.»
Die vielen Facetten des Geldes
Wie definiert sich «Finanzkompetenz» überhaupt? Grundsätzlich geht es darum, wie man kluge Entscheidungen im Umgang mit Geld trifft. Dazu gehört die Erstellung eines Budgets, das Wissen, wie und wie viel man sparen sollte, Kenntnis zu Einholung und Handhabung von Krediten sowie Kenntnis von Methoden der Altersvorsorge.
Das Finanzmuseum führt immer wieder Workshops zu Finanzthemen durch, auch schon ab dem Kindergartenalter. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt vor allem auf Börsenthemen, Krypto, Neobanken und Vorsorgethemen. Weidemann stellt fest, dass es bereits früh riesige Unterschiede gibt: «Manche Jugendliche führen bereits Portfolios und handeln fleissig mit Wertpapieren oder Kryptos, während das Finanzwissen Gleichaltriger noch kaum vorhanden ist.»
Weidemanns Ziel: Die Lehrerschaft verstärkt für Finanzthemen zu begeistern. Aber auch die Politik. «In Deutschland gibt es eine FDP-Initiative zur bundesweiten Förderung der Finanzbildung, das verfolgen wir mit grossem Interesse», so Weidemann.
Warum aber sollte man früh Kenntnisse haben? «Laut einer Studie der Weltbank aus dem Jahr 2014 wären die Folgen der Finanzkrise 2008 viel weniger drastisch gewesen, wenn in der breiten Bevölkerung die Finanzkompetenz höher gewesen wäre», sagt Weidemann. Das ist die Makro-Ebene. Auf Mikro-Ebene sollen Jugendliche den vorausschauenden Umgang mit Geld möglichst früh lernen. «Wenn man die Grundlagen der Finanzkompetenz nicht schon in jungen Jahren legt, können Jugendliche schnell in grosse Probleme geraten», so Weidemann.
Als Beispiel nennt sie Bezahl-Apps fürs Smartphone, die Ratenzahlungsmöglichkeiten anbieten.. Die intuitive Zahlung übers Handy sei viel zu einfach und «gefährlich, wenn nicht über Bildungsinstitutionen und das Elternhaus begleitet wird».
Eltern haben eine wichtige Rolle
Gerade da gibt es massive Unterschiede. Grundlegende Kenntnis von finanziellen Themen sollten aber bei allen Erwachsenen vorhanden sein. Deshalb sollten die Eltern laut Weidemann Kinder schon ab 5 Jahren an den verantwortungsvollen Umgang mit Geld heranführen. Etwa durch die Vergabe von Taschengeld. «Vielleicht über Ämtli, die belohnt werden, damit der Wert des Geldes gesehen wird», sagt Weidemann. «Gratis-Taschengeld» empfiehlt sie eher weniger.
Das Taschengeld soll idealerweise bar übergeben werden. Nach wie vor weckt «Greifbares» wie Münzen und Scheine Sicherheitsgefühle und stiftet eine besondere Beziehung zum Geld.
Weidemann führt aus, dass man auch bei der Vorsorge nicht früh genug anfangen könne: «Wer clever ist und die Möglichkeit hat, investiert schon ab 20 Jahren 50 Franken pro Monat in einen börsengehandelten Fonds.» Auch dazu braucht es vielleicht einen Stupser der Eltern oder entsprechende schulische Bildung, um diesbezüglich Hemmschwellen abzubauen.