Trotz Bundesversprechen
Mindestlöhner erhalten nicht volle Entschädigung

Tieflohnangestellte in der Gastro-, Hotel- und Detailhandelsbranche sind überdurchschnittlich von Kurzarbeit betroffen. Aber selbst wenn sie zum Gastro-Mindestlohn von 3470 Franken im Monat arbeiten, kommen sie nicht auf den vom Bund versprochenen vollen Lohnersatz.
Publiziert: 11.02.2021 um 01:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2021 um 12:09 Uhr
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30 Prozent der Kurarbeitenden haben Tieflöhne.
Foto: keystone-sda.ch
Claudia Gnehm

Seine Mitarbeiter mit Gastro-Mindestlöhnen erwarteten, dass sie 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung erhalten, sagt F.*, Manager einer schweizweiten Fast-Food-Kette. Schliesslich habe der Bundesrat im Dezember für Kurzarbeit bei Tieflöhnen bis 3470 Franken im Monat versprochen, die Entschädigung auf 100 Prozent zu erhöhen. Dann seien die Mitarbeitenden aber aus allen Wolken gefallen, weil zum Mindestlohn Zuschläge für den 13. Monatslohn addiert worden seien und sie somit keinen vollen Lohnersatz erhalten.

Dabei waren viele Tieflöhner nach dem Aufstockungsentscheid zuerst erleichtert: Denn der übliche 80-prozentige Lohnersatz für Kurzarbeit hat viele Menschen mit tiefen Einkommen in Bedrängnis gebracht. Um diese zu entlasten, hat sich das Parlament für Löhne bis 3470 Franken pro Monat – der Mindestlohn im Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) der Gastronomie – für einen vollen Verdienstausfall entschieden. Bis zu 4340 Franken sinkt die Entschädigung nach und nach auf 80 Prozent.

Zehntausende von Betroffenen

Gemäss dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund machen die Arbeitnehmenden in Tieflohnbranchen 30 Prozent der Kurzarbeitenden aus. Per Ende November wurde Kurzarbeit für knapp 300'000 Angestellte in der Schweiz abgerechnet – inzwischen sind es deutlich mehr.

Inzwischen ist ihre Hoffnung auf eine volle Abgeltung zerstört. Unia-Dienstleistungschef Mauro Moretto bestätigt auf Anfrage: «Keine Person im Gastgewerbe, die unter dem L-GAV arbeitet, kriegt für Kurzarbeit 100 Prozent des Lohnes.» Deshalb hätten die Gewerkschaften und rot-grüne Parlamentarier verlangt, dass wenigstens der Anteil des 13. Monatslohns auf die 3470 Franken draufgeschlagen werde. Das hätte die Schwelle dann auf 3760 Franken heraufgesetzt. Leider hätten sie bei der bürgerlichen Mehrheit kein Gehör gefunden.

Schwelle von 5000 Franken gefordert

Damit Tieflöhner nicht in die Armut abrutschen, fordert die Gewerkschaft Unia für alle Löhne bis 5000 Franken im Monat 100 Prozent Lohnersatz bei Kurzarbeit. Auch der Dachverband Travailsuisse verlangt eine höhere Schwelle. Arbeitnehmende mit Monatslöhnen bis 5000 Franken könnten die Einkommenskürzung zwar oftmals durch Konsumverzicht auffangen. Dieser Konsumverzicht habe aber negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und drohe so die Krise zu verlängern.

Gastronom F. findet es ein Unding, dass der Bund zuerst Hilfe versprach und dann die Erwartungen vieler Tieflöhner nicht erfüllte. Seinen Namen möchte er nicht publik machen, weil er Angst hat, mit seiner Kritik die Härtefallgelder, die er beantragt hat, aufs Spiel zu setzen.

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