Darum gehts
- «Office Siren»-Trend kombiniert klassische Business-Mode mit verführerischen Elementen
- Videos zum Look haben auf Tiktok über 117 Millionen Aufrufe
- Sie befeuern gleichzeitig hitzige Debatten unter den Nutzenden über angemessene Kleidung im Büro
- Expertinnen warnen, dass der Trend in traditionellen Branchen wie Finanzwesen und Recht ein Karrierekiller sein könnte
«Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren», sagte Karl Lagerfeld (†85) einst. Und hätte der verstorbene Modezar die Homeoffice-Jahre der Corona-Pandemie noch miterlebt, in denen sogenannte Loungewear selbst im Büro salonfähig wurde, hätte er sich wohl so was von fremdgeschämt.
Doch ausgerechnet die Generation Z – bei der Hoodie und Jogginghose eigentlich zum Alltag gehören – nimmt sich Lagerfelds Mantra plötzlich zu Herzen.
Denn auf Social Media geht gerade ein Look viral, der mit Homeoffice-Gammelstyle so gar nichts zu tun hat. «Office Siren» heisst der Trend, bei dem sich junge Frauen am Arbeitsplatz kleiden wie Mitarbeiterinnen in fiktiven Büros aus Spielfilmen der 1990er und frühen 2000er. Der Hashtag #officesiren zählt auf der Kurzvideoplattform Tiktok bereits über 117 Millionen Aufrufe. In den Clips posieren Influencerinnen in eng taillierten Blusen, Bleistiftröcken und mit schmalen quadratischen Brillen. Wie es ihre Stilikonen Jennifer Aniston (56) in «Friends» oder …
… Gisele Bündchen (44) in «Der Teufel trägt Prada» getragen haben.
Zu sexy fürs Büro?
Die Videoclips sorgen online für mächtig Gesprächsstoff. Schon der Name, der sich übersetzt aus den Wörtern «Büro» und «Sirene» (Frauen in der griechischen Mythologie, die Männer mit betörendem Gesang in den Tod lockten) zusammensetzt, polarisiert. Denn «Bürosirenen» kleiden sich bewusst sehr attraktiv.
Aber was genau macht den heiss diskutierten Look aus? «Der Trend kombiniert klassische Business-Elemente mit einer betont femininen und verführerischen Note», weiss Star-Stylistin Tatjana Kotoric (48). Charakteristisch seien figurbetonte Schnitte, taillierte Blazer mit tiefem Ausschnitt, Bleistiftröcke mit hohen Schlitzen und enge Blusen mit tiefem Décolleté.
Auf Tiktok kursieren Videos, in denen sich Leute über die Freizügigkeit der Bürooutfits empören. «Du bist keine ‹Office Siren›, sondern ein HR-Verstoss auf zwei Beinen», ruft die Social-Media-Creatorin Jacqueline Lee aus. Das Video erhielt über 2,9 Millionen Likes. Unter anderem wegen eines Kommentars, der wiederum mit über 300’000 Daumen hoch hohe Wellen schlug: «Wir haben bei uns eine bezahlte Praktikumsstelle, die nach Beendigung direkt in einen Job mit sechsstelligem Jahresgehalt übergeht», kommentiert ein Tiktok-User unter dem Video. Die Praktikantin sei an ihrem zweiten Arbeitstag in einem Office-Siren-Outfit aufgetaucht. Und wurde fristlos entlassen.
Er fügt hinzu: «Und ja, wir können jemanden dafür feuern. Das stand in ihrem Arbeitsvertrag. Sie hat buchstäblich einen garantierten 200’000-Dollar-Job in den Sand gesetzt, weil sie einen Lederminirock trug.»
Auf der Plattform finden sich aber nicht nur anklagende Stimmen. «Die Frauen stylen sich einfach gerne. Wenn es ihnen gefällt, lasst sie doch machen», schreibt ein User. «Lasst uns nicht über andere urteilen» oder «Warum macht euch das so sauer?» lauten andere Kommentare. Manche betonen, dass der Look auch Ausdruck von «Female Empowerment» in einer männlich dominierten Bürowelt sein kann.
«Weniger für den klassischen Büroalltag geeignet»
Ist der Trend also ein Karrierekiller? Für Kotoric ist klar: Der Stil ist weniger für den klassischen Büroalltag geeignet. Dem stimmt auch die selbständige HR-Expertin Susanne Achermann (54) zu, die Firmen in Personalfragen berät: «Ich beobachte den Trend mit Interesse – und manchmal auch mit hochgezogener Augenbraue. Mode darf und soll Spass machen, auch im Büro. Das Outfit sollte aber die Kompetenz unterstreichen, nicht davon ablenken», sagt sie zu Blick.
Besonders in Branchen wie Finanzen, Recht oder Versicherungen kann einem der Bürolook zum Verhängnis werden, sind sich die Expertinnen einig. «Doch im Management einer Modefirma oder in kreativen Branchen wie PR, Werbung oder Design könnte der Stil durchaus Anklang finden – besonders in Unternehmen mit jüngeren oder unkonventionellen Teams», weiss Kotoric.
Ganz verteufeln will sie den Bürosirenen-Look nicht: «Man kann gut mit einzelnen Elementen wie figurbetonten Kostümen oder tief ausgeschnittenen Blazern spielen», so Kotoric. «Die goldene Regel morgens vor dem Kleiderschrank bleibt: die Mischung machts!»
Mit welchem Outfit gehst du morgens aus dem Haus für die Arbeit? Schick uns ein Foto von deinem Office-Look!
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