Die Strompreise gehen durch die Decke, und damit dem Direktor des Hotel Storchen in Zürich gehörig auf die Nerven. Fast täglich passt dessen Energieversorger die Stromofferten an. «Der Strompreis wird bald elfmal höher sein als das, was wir im Moment noch zahlen», sagt Direktor Jörg Arnold (61) des 5-Sterne-Hauses in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens.
Würde das Storchen heute die Offerte annehmen und den Vertrag abschliessen, wären das für das kommende Jahr Mehrkosten von knapp zwei Millionen Franken – alleine für den Strom! «Das muss ich auf die Gäste abwälzen – pro Logiernacht sind das 50 bis 70 Franken», sagt er im Fernseh-Beitrag. Ob Arnolds Gäste hierfür Verständnis haben und zahlen, sei die grosse Frage.
Die Preisexplosion am Strommarkt trifft nicht nur das Storchen in Zürich. Gut 23'000 Unternehmen sind in einer ähnlichen Lage wie Direktor Arnold. Seit der Strommarktliberalisierung können sie auf eigenes Risiko am freien Markt einkaufen und sind nicht an einen regionalen Grundversorger gebunden. Das ging lange gut, man hat Profit gemacht. Jetzt hat sich das Blatt gewendet.
Beispiellose Strompreisexplosion
Der aktuelle Preisanstieg sei beispiellos, sagt der Strommarkt-Experte Ulrich Münch gegenüber SRF. So schnelle Preisänderungen und in dieser Höhe, das hat er noch nie erlebt. Diese Ausnahmesituation dürfte seiner Meinung nach noch einige Zeit anhalten.
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Schock auch für die Mieterinnen und Mieter: Nicht nur das Heizen, sondern auch der Strom wird teurer für sie. Wie der «Tages-Anzeiger» kürzlich berichtete, wird die Hälfte der Versorgungsunternehmen den Strompreis für Haushalte um 30 Prozent oder mehr erhöhen. Ein Fünf-Zimmer-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden werde rund 315 Franken mehr bezahlen müssen, heisst es.
Wer nicht in einer Liegenschaft zur Miete lebt, die in einem energetischen Top-Zustand ist, muss wohl tief ins Portemonnaie greifen. Walter Angst (61) vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich im Sonntagsblick: «Für Familien, die in Wohnungen ohne Top-Energie-Standard wohnen, kann es aber richtig teuer werden.» In solchen Fällen müsse man mit einem Anstieg der Heiznebenkosten um 60 bis 80 Prozent rechnen. In Franken ausgedrückt: Wer in einer 100 Quadratmeter grossen Wohnung lebt, zahlt rund 1000 Franken mehr im Jahr. (uro/aet)