Wer mietet, muss künftig massiv mehr bezahlen. Verantwortlich dafür ist die miese Lage, in der sich die Welt befindet: Krieg in der Ukraine, steigende Rohstoffpreise, Corona-Krise. Die Informationsschreiben, die viele Verwaltungen derzeit verschicken, klingen wie Warnungen. Betreff: Anstieg der Heiz- und Nebenkosten – dicke Post kurz nach den Sommerferien.
Besonders hart trifft es die Bewohnerinnen und Bewohner schlecht isolierter Liegenschaften, in denen noch mit Öl oder Gas geheizt wird. Das sind immerhin 60 Prozent der Schweizer Haushalte. Um horrende Nachzahlungen zu vermeiden, empfehlen die Vermieter ihrer Klientel zweierlei: mehr Mietzins überweisen, weniger Energie verbrauchen.
Teurere Stromrechnungen
Die Preise steigen aber nicht nur fürs Heizen, sondern auch für den Stromverbrauch. Wie der «Tages-Anzeiger» gestern berichtete, wird die Hälfte der Versorgungsunternehmen den Strompreis für Haushalte um 30 Prozent oder mehr erhöhen. Ein Fünf-Zimmer-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden werde rund 315 Franken mehr bezahlen müssen.
Um ein böses Erwachen zu vermeiden, schlägt der Zürcher Hauseigentümerverband den Mietern einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung vor, proaktiv 50 Franken mehr an Nebenkosten zu überweisen. Wer in einer Fünf-Zimmer-Wohnung lebe, solle monatlich 80 Franken mehr einzahlen. Ähnlich hohe Beträge finden sich im Schreiben einer grossen Berner Liegenschaftenverwaltung, das SonntagsBlick vorliegt – verbunden mit nützlichen Tipps zum Sparen: Stosslüften statt Fenster gekippt lassen, weniger heizen, Stromkabel ausstecken.
Mieterverband will nationale Lösung
Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich kritisiert die Praxis vieler Vermieter. Obwohl es in manchen Fällen durchaus vernünftig sein könne, Akontozahlungen freiwillig zu erhöhen, sei ein Massenversand schlicht unseriös, denn der Preisschock treffe nicht alle Mieterinnen und Mieter im gleichen Umfang. «Für Familien, die in Wohnungen ohne Top-Energie-Standard wohnen, kann es aber richtig teuer werden», so Walter Angst. In solchen Fällen müsse man mit einem Anstieg der Heiznebenkosten um 60 bis 80 Prozent rechnen. In Franken ausgedrückt: Wer in einer 100 Quadratmeter grossen Wohnung lebt, zahlt rund 1000 Franken mehr im Jahr.
Angst macht sich mit seinem Verband für eine nationale Lösung stark, um einkommensschwache Haushalte zu entlasten. Seit Monaten liegt die Forderung nach einer Energiezulage auf dem Tisch. Diese könnte über eine Verbilligung der Krankenkassenprämien erfolgen oder eine Erhöhung der Ergänzungsleistungen. Der Bundesrat will sich in den nächsten Wochen mit diesem Thema beschäftigen.
Livit empfiehlt, Reserven zu bilden
Die Livit AG, eine der grössten Immobilienbewirtschafterinnen der Schweiz, geht von einem «signifikanten Kostenanstieg» bei den Nebenkosten aus. Die Swiss-Life-Tochter empfiehlt ihren Mieterinnen und Mietern, wenn möglich Reserven zu bilden. «Besteht aufgrund der steigenden Energiepreise der Wunsch, Akontozahlungen für die Nebenkosten zu erhöhen, so ist dies grundsätzlich möglich», sagt Livit-Sprecherin Barbara Buchegger.
Mit einem Portfolio von 4,5 Milliarden Franken gehört Liegenschaften Stadt Zürich (LSZ) zu den grossen Immobilien-Playern der Schweiz. Im Schreiben, das die LSZ nach den Sommerferien ihren Mietern zustellt, wird auf die Möglichkeit hingewiesen, höhere Akonto-Zahlungen zu leisten. Auf Anfrage heisst es: «Seriöse Berechnungen zum möglichen Preisanstieg kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht erstellen, da dieser von zahlreichen Faktoren abhängt, die sich rasch ändern können.»
Ähnlich klingt es bei Immobilien Stadt Bern. Mieter städtischer Wohnungen sollten auf freiwilliger Basis die monatlichen Akontobeträge erhöhen, damit bei künftigen Nebenkostenabrechnungen grössere Nachzahlungen verhindert werden können: «Wird von der Freiwilligkeit kein Gebrauch gemacht und werden wir bei der Erstellung der Abrechnung in rund einem Jahr massive Nachzahlungen feststellen, werden wir die Akontozahlungen mittels einseitiger Vertragsänderungen erhöhen müssen.»
Der Hauseigentümerverband Zürich schlägt seinen Mieterinnen und Mietern im Grossraum Zürich folgende Erhöhung der Akontozahlungen vor.
1 bis 2,5 Zimmer: 35 bis 50 Fr. mehr pro Monat
3 bis 3,5 Zimmer: 50 bis 70 Fr. mehr pro Monat
4,5 bis 5 Zimmer: 60 bis 80 Fr. mehr pro Monat
5 und mehr Zimmer: 80 bis 200 Fr. pro Monat
Der Hauseigentümerverband Zürich schlägt seinen Mieterinnen und Mietern im Grossraum Zürich folgende Erhöhung der Akontozahlungen vor.
1 bis 2,5 Zimmer: 35 bis 50 Fr. mehr pro Monat
3 bis 3,5 Zimmer: 50 bis 70 Fr. mehr pro Monat
4,5 bis 5 Zimmer: 60 bis 80 Fr. mehr pro Monat
5 und mehr Zimmer: 80 bis 200 Fr. pro Monat