Jetzt ist es fix: Die nationalrätliche Wirtschaftskommission will den Eigenmietwert abschaffen. Nach langem Hin und Her plädiert sie für einen reinen Systemwechsel. Nicht nur Erstwohnungen, sondern auch Zweitliegenschaften sollen vom Eigenmietwert befreit werden.
Für Immobilienbesitzer noch schöner: Die Steuerabzüge – etwa für Unterhaltsarbeiten, Energiesparmassnahmen oder Schuldzinsen – sollen bleiben. Damit setzt sich in der Wirtschaftskommission die Maximalvariante durch.
SVP-Friedli: «Ungerechte Steuer»
Zur Freude von SVP-Nationalrätin Esther Friedli (45): «Die SVP hat seit Jahrzehnten für die Abschaffung dieser ungerechten Steuer gekämpft – jetzt können wir dieser Ungleichbehandlung zwischen Hauseigentümern und Mietern ein Ende bereiten», sagt die St. Gallerin zu Blick.
Beim Eigenmietwert handle es sich um ein fiktives Einkommen, das versteuert werden müsse. «Das sorgt vor allem bei älteren Leuten für Probleme, welche ein Einkommen versteuern müssen, das sie gar nicht haben.» Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts könne man auch Härtefälle bei Senioren verhindern, die sonst ihr Haus verkaufen müssten.
Allerdings, mit der Beibehaltung der Steuerabzüge wird gegenüber den Mietenden eine neue Ungerechtigkeit geschaffen. Dessen ist sich Friedli bewusst. Sie hat deshalb einen Minderheitsantrag eingebracht, mit dem sie den Mietenden entgegenkommen will. «Wir wollen die Mieter mit einem allgemeinen Mietabzug entlasten, der aber gedeckelt werden soll.» Konkret wäre der Abzug auf 30 Prozent der Wohnungsmiete und maximal 10'000 Franken begrenzt. «Damit können wir insbesondere auch die Mittelschicht entlasten», so Friedli. «Das ist bei den steigenden Nebenkosten umso wichtiger.»
SP-Wermuth gegen «Steuergeschenke»
Die Linke hingegen sieht die Eigenmietwert-Abschaffung als Steuergeschenk für Hausbesitzer. SP-Co-Chef Cédric Wermuth (36) hält denn auch nichts von der Vorlage. «Das ist eine Faust ins Gesicht für die Menschen in der Schweiz», wettert der Aargauer Nationalrat. «Weder für Renten noch für Prämienverbilligungen ist offenbar das Geld da. Und jetzt will man fast vier Milliarden Franken weitere Steuergeschenke an einen kleinen Teil der Bevölkerung verteilen.»
Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.
Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.
Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.
Bezahlen dürften die Ausfälle dann alle ohne dickes Immobilienportfolio und vor allem die Mieterinnen und Mieter, so Wermuth. «Das ist finanzpolitisch in diesen Zeiten absolut verantwortungslos und schlicht dreist.»
Neue Objektsteuer für Kantone
Während die nationalrätliche Wirtschaftskommission beim Eigenmietwert Tabula rasa macht, hatte der Ständerat zuvor einen Kompromiss-Vorschlag auf den Tisch gelegt: Der Eigenmietwert auf Erstliegenschaften sollte abgeschafft werden, während er auf Zweitwohnungen weiterhin anfallen würde, weil die Bergkantone auf die entsprechenden Steuereinnahmen angewiesen sind. Zudem sollten Hausbesitzer Schuldzinsen nur sehr eingeschränkt und Ausgaben für den Unterhalt gar nicht mehr von der Steuer abziehen können.
Den Tourismuskantonen mit vielen Zweitwohnungen, die mit deutlichen Steuereinbussen rechnen müssen, will die Kommission aber entgegenkommen. Auf Antrag der SVP hat sie eine Kommissionsinitiative auf den Weg geschickt, die den Kantonen die Möglichkeit geben will, eine Objektsteuer auf Zweitwohnungen zu erheben. «Wir sind uns bewusst, dass die Eigenmietwert-Abschaffung gewisse Kantone vor Probleme stellt, deshalb wollen wir mit diesem Vorschlag eine Brücke schlagen», sagt Friedli.
Zweimal Weihnachten für Hausbesitzer
Klar ist, die Maximalvariante ist quasi zweimal Weihnachten für Hausbesitzer. Allerdings war das Resultat in der Kommission knapp: In der Gesamtabstimmung hat die Kommission die Vorlage nur mit zwölf zu zehn Stimmen angenommen. Eine Minderheit beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten. Sie kommt in der Herbstsession in den Nationalrat.
Ob sie im Nationalrat in dieser Form durchkommt, ist offen. Entscheidend ist, wie sich die Mitte verhalten wird. Dann könnte die grosse Kammer doch noch Richtung Ständeratsvariante einschwenken.
Wenn nicht, ist das Referendum so gut wie sicher. Und an der Urne hatte die Abschaffung des Eigenmietwerts bisher einen schweren Stand.