Spektakuläre Wende vor Gericht
Muss Ex-Starbanker Vincenz nun in den Knast?

Das Bundesgericht ist dagegen, dass der Fall Vincenz neu aufgerollt wird. Das heisst, Ex-Raiffeisen-Chef-Vincenz ist nun erstinstanzlich verurteilt und das Obergericht muss das Berufungsverfahren durchführen.
Publiziert: 17:59 Uhr
|
Aktualisiert: 18:09 Uhr
1/6
Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz ist nun wieder erstinstanzlich verurteilt.
Foto: STEFAN BOHRER

Auf einen Blick

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
RMS_Portrait_AUTOR_928.JPG
Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Das ist eine spektakuläre Wende im Fall von Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (68) und eine heftige Klatsche für das Zürcher Obergericht: Das Bundesgericht setzt das Urteil des Zürcher Bezirksgerichts wieder in Kraft, es hat die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gutgeheissen. Diese hat sich gegen die Kritik des Zürcher Obergerichts an der Anklageschrift gewehrt.

Damit ist klar: Das erstinstanzliche Urteil ist wieder gültig. Das Bezirksgericht Zürich hatte Pierin Vincenz zu drei Jahren und neun Monate Gefängnis verurteilt, seinen Geschäftspartner Beat Stocker (64) gar zu vier Jahren. Das Obergericht muss nun den Fall selbst beurteilen und die Berufungsverhandlung durchführen. Wann diese stattfinden könnte, ist allerdings völlig offen, wie das Obergericht auf Anfrage schreibt. 

Spektakulärer Wirtschaftsprozess

Das Obergericht hatte wegen angeblicher Mängel der Anklageschrift das Verfahren an die erste Instanz zurückgewiesen. Das wollte die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft nicht auf sich sitzenlassen und hat dagegen Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Anklageschrift nicht zu beanstanden und das Recht auf Übersetzung nicht verletzt worden sei. 

Seit Februar 2018 hält der Fall Vincenz die Schweiz in Atem. Vincenz und Stocker verbrachten über 100 Tage in Untersuchungshaft und wurden 2020 angeklagt. In einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der letzten Jahre verurteilte das Zürcher Bezirksgericht Vincenz und Stocker im April 2022 wegen Betrugs, der mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung und der mehrfachen passiven Bestechung zu langjährigen Gefängnisstrafen und hohen Geldbussen.

Während des Prozesses ging es unter anderem auch um eine «Tour de Suisse im Rotlichtmilieu», auf Kosten von Raiffeisen und der Kreditkartenfirma Aduno (heute Viseca), weil die Herren die diesbezüglichen Spesen mit der Geschäftskreditkarte beglichen hatten. 

Bundesrecht verletzt

Das Obergericht Zürich wollte ursprünglich den Fall im Juli 2023 beurteilen, hob aber im Februar 2024 völlig überraschend das Urteil des Bezirksgerichts Zürich auf. Damit hätte der Fall ganz neu aufgerollt werden müssen, es hätte Jahre bis zu einem erneuten Urteil dauern können.

In seinem Urteil geht das Bundesgericht mehrfach auf das sogenannte Beschleunigungsgebot ein. Dieses sieht vor, dass Gerichtsverfahren – auch zum Schutze der Angeklagten – nicht unnötig hinausgezögert werden sollen. «Zusammenfassend genügt die Anklageschrift den gesetzlichen Anforderungen», ist dem Urteil des Bundesgerichts vom 17. Februar 2025 zu entnehmen. Und weiter heisst es: «Die Rückweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft zur Verbesserung der Anklageschrift und neuerlichen Anklageerhebung bei der Erstinstanz verletzt Bundesrecht.»

Unterm Strich hat die Schlaufe über das Bundesgericht niemandem etwas gebracht, einzig zwei Jahre sind in diesem Verfahren nutzlos verstrichen. Ein Verfahren, das nach dem Urteil des Obergerichtes ziemlich sicher noch einmal vor Bundesgericht landen wird – dannzumal für eine echte inhaltliche Beurteilung des Falles Vincenz. Doch bis dahin kann es locker noch ein paar Jahre dauern - und solange bleibt der Ex-Raiffeisen-Chef auf freiem Fuss.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.