Showdown um Hotelplan-Verkauf
Warum Migros Hotelplan nur zu einem Schnäppchenpreis loswird

Um die Hotelplan-Tochter Interhome reissen sich Interessenten. Das Reiseveranstaltergeschäft der Hotelplan Gruppe scheint dagegen klar weniger Interessenten zu haben. Welchen Preis die Migros für ihr Reisegeschäft wohl rausholen wird?
Publiziert: 23.11.2024 um 00:12 Uhr
|
Aktualisiert: 25.11.2024 um 17:23 Uhr
1/4
Die Markensammlung am Migros-Hauptsitz in Zürich wird bald dünner: Nach Melectronics verschwindet in wenigen Wochen auch Hotelplan.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
RMS_Portrait_AUTOR_293.JPG
Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Es dürfte sich nur noch um wenige Tage handeln. Dann gibt die Migros bekannt, wer den Zuschlag für Hotelplan bekommt. Recherchen von Blick legen nah, dass die Migros für ihre Reisetochter nicht viel Geld bekommen wird.

Ist es gar so wenig wie für Bike World? Migros verkaufte ihre Velo-Kette an Thomas Binggeli (50) von Thömus AG – für nur einen symbolischen Franken. Obwohl von der Firma dementiert, bestätigen gut informierte Kreise den Sachverhalt gegenüber Blick.

Bei Hotelplan könnte es ähnlich laufen. Branchen-Insider versichern im Gespräch, dass der Kaufpreis für die Hotelplan Group zwischen 170 und 200 Millionen Franken liegt. Darin enthalten: 100 Millionen Franken Schulden, die die Reise-Gruppe noch beim Migros Genossenschafts-Bund (MGB) abstottern muss. Dieser wird auf das Geld pochen: Sonderabschreiber liegen beim MGB derzeit nicht drin. Das «Filetstück», die Interhome Group, dürfte ein Preisschild von «deutlich über 70 Millionen Franken» haben, so Insider.

Heisst: Die Kern-Einheiten von Hotelplan gäbe es praktisch gratis dazu. Zu diesen zählen «Hotelplan Suisse», «Hotelplan Volume Touroperating» und «Hotelplan Business Travel», mit rund 850 Mitarbeitenden in der Schweiz und in Deutschland, 82 Reisebüro-Filialen und einem Umsatz von fast 1,25 Milliarden Franken. Dazu noch die Einheit «Hotelplan UK» in England, die mit vier Marken einen Umsatz von rund 240 Millionen Franken generiert.

Erzrivale könnte zum Handkuss kommen

Die Migros kommentiert die Insider-Zahlen nicht. Und wiederholt früher gemachte Aussagen: Es gebe «Gespräche mit mehreren potenziellen Interessenten, auch für die Hotelplan Group als Ganzes».

Die gewünschte Lösung des Komplettkaufs böte das Konsortium von Dertour (Muttergesellschaft von Hotelplan-Konkurrent Kuoni, selber Tochtergesellschaft des Detailhandelsriesen Rewe) und Hometogo, worüber Blick berichtete. Hometogo würde Interhome erhalten, Dertour den Mitbewerber Hotelplan. Letzteres wäre wegen vieler Überschneidungen das Ende für zahlreiche Hotelplan-Filialen und einen grossen Teil des Schweizer Veranstaltergeschäfts – auch wenn die Migros Auflagen für den Erhalt von Mitarbeitern, Standort und Marke verlangt. Doch warum sollte Dertour die Marke Hotelplan und unnütze Standorte lange weiterführen?

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Wenig konkretes Interesse von Privatiers

Gerüchteweise soll auch ein Schweizer Family Office mitbieten. Will da jemand die historische Marke Hotelplan schützen oder das Unternehmen in Schweizer Hand behalten? Als Investitionsobjekt ist die Hotelplan Group kaum interessant: Sie erzielte zuletzt bei 1,7 Milliarden Franken Umsatz einen Gewinn von 27 Millionen Franken, also eine Gewinnmarge von 1,5 Prozent. Und der Gewinn kam hauptsächlich von Interhome. «Assets» wie Flugzeuge oder Hotels besitzt sie nicht.

Aktuell mischen wenige vermögende Schweizer im Ferienreisen-Business mit:

  • Beat Zaugg (66), Mitbesitzer von Scott Sports und seit 2020 Teilhaber der Berner Globetrotter Group, habe kein Interesse.
  • Milliardär Martin Ebner (78), Eigentümer von Helvetic Airways, investierte zuletzt nur in IT, Pharma und Biotech.
  • Samih Sawiris' Engagement bei der Pleite gegangenen FTI kostete ihn 200 Millionen Franken.
  • Die Tessiner Familie Mantegazza fokussiert mit ihrem Unternehmen Group Voyagers auf US-Kundschaft.
  • Die Stiftung F.G. Pfister, die sich für den Erhalt von Schweizer Unternehmertum einsetzt, dementiert gegenüber Blick ein Interesse.
  • Thomas Knecht(74), der ehemalige Chef von McKinsey Schweiz – jener Beratungsfirma, die aktuell Migros-Chefin Ursula Nold (55) bei den Verkäufen unterstützt – könnte für seine Firma Knecht Reisen in Windisch AG zusätzliche Reisebüros und ein Badeferiengeschäft kaufen. Das ist aber wenig realistisch.

Das wahrscheinlichste Szenario ist für alle Insider die Übernahme durch Dertour/Hometogo.

Für die Hotelplan-Mitarbeitenden heisst es abwarten. Der Stand an der Ferien- und Sportmesse Zürich 2025 ist reserviert, die Reiseprogramme und Charterflüge 2025 sind bereit. Doch offenbar hat die Zahl von Hotelplan-Mitarbeitenden, die sich bei Konkurrenzunternehmen bewerben, zuletzt deutlich zugenommen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.