Laut wurde es in der Schweiz, als die Migros am 2. Februar die Verkaufspläne publik machte. Seitdem sucht der orange Riese eine Käuferin für das Reiseunternehmen Hotelplan, das von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler (1888–1962) im April 1935 ins Leben gerufen wurde. Es ist still geworden um die Ikone der Schweizer Reisebranche. Auch am Dienstag wird der Grossverteiler an der jährlichen Bilanzmedienkonferenz keine News zu Hotelplan präsentieren können.
«Der Verkaufsprozess wird wohl längere Zeit in Anspruch nehmen», lautet das knappe Statement der Migros. Zwangsläufig: Denn Interessenten für Hotelplan – die Migros will die Reise-Gruppe möglichst als Ganzes verkaufen – stehen bislang nicht Schlange, wie Blick von Insidern erfährt. Migros-intern rechnet denn auch kaum jemand mit einem Komplettverkauf.
Schweizer Mitbewerber wie Tui Suisse und Kuoni mit deutschen Muttergesellschaften im Rücken könnten den Kauf zwar schultern. Aber Interesse? Fehlanzeige. Fusionen wären mit einem massiven Personalabbau verbunden. Das wollen weder die Migros noch die Käufer. Für Letztere sind höchstens einzelne Teile von Hotelplan interessant.
Beteiligungsgesellschaften würden ihrerseits Hotelplan filetieren und versuchen, aus den Einzelteilen eine höhere Summe als den Kaufpreis herauszuschlagen. Das könnte die Migros auch selber, will das aber nur im Notfall tun.
Zu wenig Interesse am Kerngeschäft
Begehrtes Filetstück von Hotelplan ist der Ferienwohnungsspezialist Interhome, der in den vergangenen Jahren Rekordergebnisse erzielte. Regelmässig klopften schon vor der Verkaufsankündigung Interessenten bei der Migros-Chefetage an. Auch für Hotelplan UK, das fünf Ski- und Wanderferien-Spezialisten in Grossbritannien bündelt, soll es Interessenten geben.
Knackpunkt: Hotelplan Suisse mit 82 Reisebüros und Travelhouse (Spezialist für massgeschneiderte Reisen), der Bereich Volume Tour Operating (Badeferien- und Städtereisengeschäft) und die zwei Geschäftsreisefirmen BTA First und Finass. Sie erwirtschaften zusammen zwar über 71 Prozent des Gruppenumsatzes. Was unter dem Strich bleibt, weiss aber niemand genau: Hotelplan ist nicht börsenkotiert und kommuniziert Gewinne nicht öffentlich. Fakt ist: Zwischen 2010 und 2019 resultierten hier selten Gewinne. Und wenn, dann auf tiefem Niveau.
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Wenig Gewicht im Konzern
Migros-Boss Mario Irminger (58), der seit April 2023 auch im Verwaltungsrat von Hotelplan sitzt, zog wohl deswegen die Reissleine. Hotelplan war nie ein Goldesel für den Detailhändler. Und zum Image der Kernmarke Migros trägt die Marke Hotelplan – der Name selber wirkt altbacken – nichts bei. Mit Dutti-Nostalgie ist es in der neuen Migros ohnehin nicht mehr weit her. Den Bedeutungsverlust der Reisetochter innerhalb der Migros zeigt auch, dass Hotelplan-Chefin Laura Meyer (43) gerade mal zwei Wochen vor der Verkaufsankündigung darüber ins Bild gesetzt wurde.
«Die Migros wird darauf pochen, dass die während der Corona-Pandemie angehäuften Hotelplan-Schulden weitestgehend zurückfliessen – sonst gibt es Sonderabschreibungen in der Bilanz, was niemand will», sagt ein weiterer Insider zu Blick. Die aktuellen Zahlen von Hotelplan – der Geschäftsverlauf 2024 soll gut sein, trotz des schlechten Timings der Migros-Ankündigung mitten in der Ferienbuchungssaison – schaffen immerhin keine Dringlichkeit für den Verkauf.
Was hat Hotelplan zu bieten?
Doch das Problem bleibt: Das klassische Reisegeschäft von Hotelplan ist für potenzielle Käufer zu wenig sexy. Und viele Fragen sind noch unbeantwortet: Hätte ein Käufer Garantien, dass er die Reisebüros in Migros-Einkaufszentren weiterhin zu Vorzugskonditionen mieten kann? Darf der neue Eigentümer weiterhin Inserate günstig im «Migros-Magazin» platzieren? Was passiert mit der etablierten Marke Migros Ferien?
Eine Schweizer Hotelplan-Einheit ohne Interhome und UK könnte profitabel arbeiten. Aber wer käme als risikotragender Käufer infrage?
Drei Szenarien sind denkbar:
- Eine mutige Beteiligungsgesellschaft springt ein.
- Eine Stiftung oder ein Verband übernimmt. Denkbar wäre die F.G.-Pfister-Stiftung, die sich für den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Schweiz einsetzt. Oder der Touring-Club Schweiz, der 2010 sein damaliges Reisegeschäft an Kuoni verkaufte und mit einer Rückkehr ins Reisebusiness liebäugeln soll.
- Hotelplan versucht die Umwandlung in eine Publikumsgesellschaft, also einen Börsengang, vielleicht mit grösseren, möglicherweise fremdfinanzierten Beteiligungen aus dem Management.
Zu den Szenarien will die Hotelplan-Pressestelle nichts sagen. Man solle bei der Migros nachfragen. Die lässt sich nicht in die Karten blicken. Bislang gelingt es Hotelplan-Chefin Laura Meyer, die Mitarbeitenden zu beruhigen. Offenbar herrscht Zuversicht, dass Migros-Boss Irminger den richtigen Entscheid trifft.
Entsprechend rennt immerhin das Personal nicht davon. Blick weiss zwar von Abwerbungsversuchen, bislang gab es aber keine Kündigungswelle.