Bieterkampf um Migros-Tochter
Zwei deutsche Reiseriesen streiten sich um Hotelplan

Der Verkauf von Hotelplan entwickelt sich offenbar anders als gedacht. Im Bieterkampf befindet sich nun ein prominentes deutsches Duo. Und auch ein Schweizer Interessent soll mit im Rennen sein.
Publiziert: 11.11.2024 um 16:52 Uhr
|
Aktualisiert: 11.11.2024 um 20:25 Uhr
1/5
Hotelplan-Filiale in Aarau: Mehrere Interessenten streiten sich offenbar um die Migros-Tochter.
Foto: Imago

Auf einen Blick

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
andreas_guntert.jpg
Andreas Güntert
Handelszeitung

Lässt sich die Gruppe als Ganzes verkaufen? Oder ist bei der geplanten Veräusserung der Migros-Reisetochter Hotelplan Group nur ein einziges Filetstück interessant für Investoren?

Lange Zeit sah es so aus, als ob allfällige Investoren nur von der Filettranche getriggert würden. Dabei ging es um die Apartmentvermittlung der Hotelplan Group, die unter dem Namen Interhome paneuropäisch aktiv ist.

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

Was Branchenprofis schon lange vermutet hatten, sahen sie Ende Oktober aufs Neue bestätigt: Die börsennotierte Muttergesellschaft des deutschen Ferienhausvermittlers Home-to-go, die Hometogo SE mit Sitz in Luxemburg, bestätigte damals Verhandlungen mit der Migros über einen möglichen Kauf von Interhome. Dafür sei aktuell ein Auktionsverfahren in Gang, hiess es vor zwei Wochen.

Deutsches Duopack aus Dertour und Hometogo

Gemäss dem stets gut informierten deutschen Fachportal «FVW» zeigt sich die Sache nun aber anders. Der Verkauf der Hotelplan Group befinde sich «im Endspurt»; in der entscheidenden Phase seien jetzt noch zwei Bieter im Rennen.

Einerseits das bereits genannte deutsche Unternehmen Hometogo. Aber anders als früher vermutet, scheint sich der 2014 in Berlin gegründete B2C-Marktplatz für Ferien-Mietimmobilien nicht nur für Interhome zu interessieren, sondern zusammen mit einem anderen Touristiker für die ganze Hotelplan-Gruppe.

Dieser zweite Player im Bieter-Duopack ist gemäss der «FVW» der deutsche Touristik-Riese Dertour, der unter anderem als Muttergesellschaft der Schweizer Reise-Ikone Kuoni fungiert. Die Hotelplan Group verwies auf eine Anfrage der «Handelszeitung» an die Firmenmutter Migros weiter. Dort hiess es: «Gespräche mit mehreren potenziellen Interessenten, auch für die Hotelplan Group als Ganzes, werden geführt.» Details könne man «aufgrund von Vertraulichkeitserklärungen» nicht nennen.

Ein Fall für die Wettbewerbshüter

Schweizer Branchenprofis leuchtet ein Bieter-Duopack aus Dertour und Hometogo zwar ein, sie sehen aber auch wettbewerbsrechtliche Themen bei einem allfälligen Deal.

Sollte es wirklich so kommen, dass Dertour und Hometogo die Hotelplan Group schlucken würden, wäre folgendes Szenario vorstellbar: Interhome würde dem ursprünglichen Interessenten Hometogo zugeschlagen; die Badeferiensparte, das übrige Pauschal- und Spezialistengeschäft der Hotelplan Group würde dann wohl bei der Kuoni-Mutter Dertour landen. Dies im Wissen, dass es in der Schweiz bei Dertour und Hotelplan nur schon bezüglich Reisebüros viele Überschneidungen gibt.

Dazu käme bei einem allfälligen Deal zwischen Dertour und Hotelplan auch ein Wettbewerbsthema auf. Denn damit würde in der Schweiz ein neuer starker Player mit grosser Dominanz entstehen. Ob ein solcher Handel von der Weko bewilligt würde, hängt unter anderem stark davon ab, wie die Wettbewerbshüter den relevanten Markt beurteilen und einschätzen.

Der Schweizer Reiseverband SRV geht in einer groben Rechnung davon aus, dass in der Schweiz jährlich 14 Milliarden Franken für Auslandreisen (Geschäftsreisen und Ferien) ausgegeben werden. Würde man dies als relevante Grösse herbeiziehen, wäre ein Check-in von Dertour bei Hotelplan wohl kein grosses Problem. Auch beim etwas kleineren Bereich der Ferienreisen (10 Milliarden) würde die Weko-Alarmglocke vermutlich noch nicht klingeln.

Anders sähe es aus, wenn man nur jenen Umsatz als relevant klassieren würde, der in der Schweiz mit organisierten Ferienreisen ins Ausland erzielt wird. Das ist das Feld von Hotelplan, Kuoni, Tui Suisse, Globetrotter Group, Knecht Reisen und weiteren Tour-Operators und Reisebüro-Anbietern.

Schweizer Family-Office im Spiel?

Lange Zeit wurde in der internationalen Reisebranche auch Certares als Interessent für die Hotelplan Group gehandelt. Also jenes US-Finanzunternehmen, das den von Samih Sawiris unterstützten und fallierten deutschen Veranstalter FTI Group hätte retten sollen. Gemäss «FVW» sei Certares aber nicht mehr im Rennen.

Laut dem deutschen Touristik-Fachportal soll aber neben dem Duopack Dertour/Hometogo noch ein Finanzinvestor um die Hotelplan Group mitbieten. Spekuliert werde, dass es sich dabei um ein Schweizer Family-Office handle. Ein Interesse könnte nur schon deshalb bestehen, weil es sich bei Hotelplan um eine Schweizer Markenikone handelt, deren Gründung noch eng mit dem Migros-Übervater Gottlieb Duttweiler verknüpft ist. Was dieses offenbar mitbietende Familiy-Office sicher auch weiss: Selbst in guten Jahren ist der Tourismus margenmässig schwach auf der Brust.

Rendite oder Rettung von Schweizer Marke?

Im Reise-Superjahr 2023, das stark von der Post-Corona-Situation profitierte, gelang der Hotelplan Group zwar ein starker Umsatzsprung. Doch von all den 1,7 Milliarden Franken, die in die Kasse kamen, blieb ein Ebit von 27 Millionen Franken. Eine Marge von nur 1,6 Prozent also – und dies in einem fantastischen Jahr, in dem die Hotelplan Group in einem florierenden Umfeld sehr vieles richtig gemacht hatte.

Während das Duo Dertour/Hometogo wohl mit strategischen Überlegungen in den Kampf steigt, mit Überlegungen zur Steigerung von Marktmacht, Einkaufsvolumen und Synergiepotenzial, müsste ein Schweizer Family-Office wohl genau abwägen zwischen Swissness-Verknalltheit und finanzieller Performance.

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.