Wenn die UBS am 31. August ihre Quartalszahlen vorlegt, wird Bank-Chef Sergio Ermotti mit Sicherheit eine Zahl nicht präsentieren, über welche die Schweiz seit Monaten spekuliert: Wie viele Jobs im Zuge der Übernahme der Credit Suisse in den kommenden Jahren wegfallen werden. Denn die UBS kommuniziert immer nur Kostenziele, nie Personalabbau-Vorgaben.
Immerhin: Ermotti wird Ende Monat enthüllen, wie es mit der Schweizer Einheit der Credit Suisse weitergeht. «Es wird hierzu einen Grundsatzentscheid geben, aber noch keinen detaillierten Integrationsplan», sagen banknahe Quellen. Es gilt als sicher, dass die UBS auch die CS Schweiz vollständig integrieren wird.
Eigenständige CS Schweiz hat keine Chance
Der Grund ist einfach: Eine eigenständige CS Schweiz wäre schlichtweg nicht überlebensfähig. Denn auch die hochgelobte Schweiz-Einheit hat massiv Kundengelder verloren. Damit stellt sich die Frage des Fundings, um zum Beispiel im Geschäft mit Firmenkundenkrediten wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem bräuchte eine eigenständige CS Schweiz eine eigene IT-Plattform. Jene der CS gilt indes als chronisch unterfinanziert.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.
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Als Fingerzeig Richtung Vollintegration gilt zudem, dass die UBS vergangene Woche die Staatsgarantie über 9 Milliarden Franken zurückgegeben hat, welche die Eidgenossenschaft der Bank für ein 40 Milliarden Franken schweres CS-Risikoportfolio gegeben hat. Hätte die UBS bei dessen Abwicklung mehr als 5 Milliarden verloren, wäre der Bund eingesprungen.
Diese Staatsgarantie wurde stets als Einfallstor für politische Einflussnahme auf die Integration gesehen. Und einflussreiche Politiker wie FDP-Chef Thierry Burkart plädieren für eine Abspaltung der CS Schweiz. Mit dem Ende der Staatsgarantie hofft die UBS-Führung nun, weniger Angriffsfläche zu bieten, wenn sie Ende August voraussichtlich die Vollintegration verkünden wird.
Über 30 Milliarden Franken Gewinn für UBS
In anderen Sparten schreitet die Integration voran: So verbreitete die UBS auf dem Karrierenetzwerk Linkedin ein Video von einem Townhall-Meeting von Ermotti bei der CS in New York. In dem Film wird symbolisch das alte CS-Firmenschild mit einem neuen Emblem «Credit Suisse AG, a UBS Group company» überklebt.
Die Zahlen der alten CS AG dürften zudem als Beleg dafür dienen, dass nur die Vollintegration Sinn macht. Am 31. August wird die UBS gleich drei Ergebnisse vorlegen: Eines für die neue UBS-Gruppe, das zusätzlich zur UBS auch im Umfang von einem Monat die Credit Suisse enthält; zudem präsentiert die Bank jeweils Zahlen für die beiden operativen Töchter UBS AG und Credit Suisse AG.
Für die alte CS AG erwarten Insider einen weiteren Verlust von über zwei Milliarden Franken. Rechnet man den Gewinn aus der AT1-Anleihe-Abschreibung heraus, verlor die CS bereits im ersten Quartal rund zwei Milliarden.
Die Zahlen der neuen UBS-Gruppe werden durch die Übernahme der CS durcheinandergewirbelt. Da der Kaufpreis von 3,2 Milliarden Dollar tiefer ist als die übernommenen Bilanzwerte, entsteht ein so genannter «Badwill». Dieser buchhalterische Gewinn dürfte im zweiten Quartal rund 34 Milliarden Dollar ausmachen, schätzen Analysten.
Die Prognosen für den Nettogewinn der UBS-Gruppe für das zweite Quartal schwanken zwischen 28,6 und 36 Milliarden Dollar. «Schätzungen für die Q2-Zahlen sind aufgrund extrem hoher Sonderposten schwierig zu treffen, zudem wird auf Gruppenebene die übernommene CS nur einen Monat im UBS-Zahlenwerk integriert sein», erklärt Andreas Venditti, Analyst der Bank Vontobel.
Rund 30’000 Jobs auf der Kippe
Doch was heisst die anstehende Vollintegration der CS mit Blick auf Jobs? Der Personalabbau hat bereits begonnen, in der Investmentbank sind bereits rund 200 Jobs gestrichen worden. Direkt nach der Übernahme-Ankündigung hatte die UBS-Führung Kosteneinsparungen von acht Milliarden in Aussicht gestellt, sechs Milliarden sollten durch Personalkürzungen erzielt werden.
JP-Morgan-Analyst Kian Abouhossein hält diesen Wert für «zu konservativ» angesichts der Tatsache, dass allein die Kostenbasis der CS Investmentbank 7,5 Milliarden Dollar betrage – und diese soll bekanntlich praktisch dem Erdboden gleichgemacht werden.
Pro forma beschäftigen beide Banken Ende März zusammen 122'000 Menschen. Schätzungen gehen von einem Personalabbau weltweit von rund 30’000 Mitarbeitenden aus. Laut Insidern dürften 80 bis 85 Prozent davon bei der alten CS wegfallen, der Rest bei der UBS. Damit würde rund die Hälfte der Belegschaft der früheren CS ihren Job verlieren, wie auch die Agentur Bloomberg bereits berichtet hatte. Im Zuge der Vollintegration sind in der Schweiz rund 10'000 Jobs bedroht.
Doch der Abbau wird sich über Jahre hinziehen. Und im Schweiz-Geschäft wird es am längsten gehen. Am schnellsten werden die Kürzungen im Investmentbanking sein, denn hier gibt es bereits im alten CS-Bereich kaum Neugeschäft.
Integration wird weitere Abflüsse auslösen
Neben Personaleinsparungen winken bei der IT die grössten Einsparungen dank der Migration des CS-Geschäfts auf die UBS-Plattformen. «Doch solange nur ein Kunde auf der alten Plattform ist, können sie diese nicht abschalten», erklärt ein Insider. Und für die Kundenmigration müssen zunächst die Rechtseinheiten verschmolzen werden. Eine Herkulesaufgabe.
Sie wird auch Geschäft kosten: Laut Insidern rechnet die UBS mit weiteren Mittelabflüssen, wenn der Beschluss zur Vollintegration erst einmal verkündet ist. JP Morgan hat diese Abflüsse mit insgesamt 150 Milliarden Dollar beziffert, unter anderem, weil Kunden Beziehungen zu beiden Banken haben und im Zuge der Fusion umdisponieren.
In einem internen Memo schwört Ermotti daher seine Truppen auf einen langen, harten Prozess ein, um die grösste Bankenfusion der Schweizer Geschichte zum Erfolg zu führen: «Diesen Pokal müssen wir erst gewinnen, wir bekommen ihn nicht geschenkt.»